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Professoraler Unfug von der Strafrechtlerin

Hadmut Danisch
7.6.2011 11:36

Zugegeben, ich rede ja auch gelegentlich Mist daher, selbst auf meinen Fachgebieten. Das kommt bei »Mensch« einfach vor. Aber diese Jura-Professorin hat in ihrem Hauptfachgebiet doch ziemlich weit danebengelangt. So was darf eigentlich nicht passieren.

Im Focus wird die Strafrechtsprofessorin Monika Frommel zum Fall Kachelmann interviewt. Sie ist immerhin Direktorin des Instituts für Sanktionenrecht und Kriminologie, und Autorin und Herausgeberin verschiedener Werke zum Strafrecht.

Laut Focus (vorbehaltlich der Tatsache, daß da im Focus jemand falsch wiedergegeben hat, aber das hätte sie vermutlich längst korrigieren lassen) sagt sie u.a.:

Eine Berufung scheidet ohnehin aus, weil die Staatsanwaltschaft dann neue Beweise vorlegen müsste. Etwa eine neue Methode zur Entdeckung von DNA-Spuren Kachelmanns auf dem Küchenmesser. Aber das kann sie nicht.

Obwohl selbst ich als Nicht-Jurist sofort gesehen hätte, daß das nicht stimmen kann, denn für eine Berufung braucht man keine neuen Beweise (wo sollten die auch innerhalb der kurzen Rechtsmittelfrist im Strafrecht auch herkommen, neue Beweise gehören eher in den Bereich der Wiederaufnahme eines Verfahrens), will ich mir da kein juristisches Urteil anmaßen, sondern verweise auf die harsche Kritik zweier anerkannter Juristen, die sofort dazu gebloggt haben: Udo Vetters Law Blog und Thomas Stadlers Internet Law.

Fachlich falsch dürfte es also zweifelsfrei sein.

Nun will ich gerne zugestehen, daß man gelegentlich was anderes sagt als man denkt, weil einem das Gehirn (und wer dies bestreiten würde, den schimpfe ich töricht) als nicht perfekte Maschine doch manchmal einen Streich spielt, und das Sprachzentrum andere Begriffe in den Redefluß einfügen kann, als man denkt, oder manchmal die falschen Assoziationen zünden, vor allem, wenn man etwa im Interview-Streß steht. Wer hätte es noch nicht erlebt, daß jemand etwas unsinniges sagt, weil ein Wort falsch ist, und man nachfragt, und derjenige dann ungläubig zurückfragt, ob er das wirklich gesagt hätte. (Als relativ schneller 10-Finger-Schreiber ist es mir sogar schon passiert, daß mir die Wort-Finger-Koordination andere Worte hingeschrieben hat, die etwas anderes bedeuten und anders geschrieben werden, aber ähnlich klingen, weil nach jahrzehntelanger Tastaturschreiberei anscheinend ganze Bewegungsabläufe zu Worten gespeichert sind, und ähnlich klingende Worte „beieinander” abgelegt sind.) Insofern vertrete ich durchaus die Ansicht, daß man nicht jedem gleich Unwissen oder Inkompetenz unterstellen kann, wenn er im Eifer des Gefechts eine Aussage tätigt, die unsinnig ist, sich aber von einer sinnigen Aussage nur durch Einzelheiten unterscheidet (hier: Berufung – Wiederaufnahme). Aber hier ging es ja thematisch schon sehr eng um die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft, wo eine solche Hirn-Verwechslung eigentlich nicht möglich ist.

Man fragt sich dann schon, ob hier nicht schon wieder mal jemand Professor für etwas ist, was er nicht beherrscht. Denn daß in Deutschland bevorzugt die Professor für etwas werden, die das noch nie selbst getan haben (und man beispielsweise in Karlsruhe bei der Berufung zu einer Professor explizit sagte, daß man Berufserfahrung als negativ ansieht), hinterläßt schon seine Spuren. Bei den Ärzten und Juristen ist was wohl noch besser als etwa bei den Informatikern, denn die brauchen immerhin (zumindest meines Wissens, ich bitte deillusioniert zu werden falls ich falsch liege) eine Approbation oder ein Staatsexamen, und viele Medizin-Professoren sind ja auch Ärzte im Krankenhaus, und so mancher Jura-Professor ist auch Richter, während viele Informatik-Professoren Informatik nicht einmal studiert haben, noch nie außerhalb der Uni waren und kaum mehr als die Maus schieben können, aber es verfestigt sich doch manchmal der Eindruck, daß die Professur in ihrer grenzenlosen Vorgesetztenlosig-, Anspruchslosig- und Unkündbarkeit die ideale Behausung für die ist, die es nicht können.

5 Kommentare (RSS-Feed)

Anna Freud
7.6.2011 18:25
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Liegt vielleicht auch an der Disziplin dieser Frau. Die Kriminologie heute bewegt sich eigentlich noch in den engen Grenzen des ausgehenden 19. Jh., verfeinert nur mit ein bisschen Halbwissen über Genetik und Individualpsychologie. Und weil das 19. Jh. die hochorganisierte Kriminalität noch nicht wirklich gedacht und von Gruppenpsychologie noch nicht viel gehört hatte dümpeln die so vor sich hin und verstehen die Welt zunehmend weniger, kritisieren das aber als den Fehler aller anderen (mit wenigen Ausnahmen, die allerdings durch ihre Umstände dazu gebracht werden, google “Scarpinato” in den Archiven der FAZ). Dass man da dann eine eigene These zum Ob-und-wann von Berufungen aufstellen kann ohne seinen Fehler zu merken finde ich eigentlich konsequent im Gestus des eigenen Fachs weitergegangen. Ich würde von Justizpersonal mit kriminologischem Touch gar nichts anderes erwarten. Ich wäre eher verwirrt, käme es einmal anders.


Flash
8.6.2011 4:57
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Mir ist Frau Frommel in einem DLF-Interview dadurch aufgefallen, daß sie ganz eindeutig (und auch ganz emotional) PRO Kachelmann ist und die Methoden der Staatsanwaltschaft verabscheute.

Da war dann wohl der Wunsch Vater des Gedankens – keine Berufung ohne neue Beweise.

Ansonsten fand ich ihre Aussagen (in diesem Interview) aber zumindest vernünftig.


Granado
8.6.2011 9:29
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Sie hat vor allem übersehen, dass nach der Instanz Landgericht keine Berufung mehr möglich ist.


HausiGR
10.6.2011 0:48
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Dunkel erinnere ich mich, dass das Gericht in der Würdigung der beweismittel frei sei. Daher kann ich die in den Medien verbreitete Ansicht, das Gericht hätte gewisse Beweise nicht richtig bewertet nicht nachvollziehen.
Mal abgesehen davon, dass ich mich ohnehin gefragt hatte, wie das Gericht seine eigene Würde in diesem eigenartigen Prozess wahren könne. Dies ist das einzige, was in diesem Prozess einigermassen gelungen ist.


Hadmut Danisch
10.6.2011 0:58
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Das stimmt nicht.

Freie Beweiswürdigung heißt, daß das Gericht es mehr oder weniger stark gewichten kann, also beispielsweise einem Zeugen glauben und einem anderen nicht (weshalb es „Aussage gegen Aussage” so nicht gibt).

Das Gericht kann aber nicht einen Beweis für etwas anderes halten als er ist. Es kann also nicht etwas als Beweis ansehen, was keiner ist, oder die Aussage eines Sachverständigen anders auslegen, als er das gesagt und geschrieben hat. Das heißt, es kann schon, aber das ist dann eben kritikfähig und – wenn die Berufung gegeben ist – berufungsfähig.

Wenn also ein Sachverständiger sagt, er hat sie vergewaltigt, und der andere sagt, er hat sie nicht vergewaltigt, dann kann das Gericht dem einen mehr glauben als dem anderen. Es kann aber nicht sagen, daß beide Sachverständige für die Tat gesprochen haben (nur so als Beispiel).