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Die seltsamen An- und Einsichten eines DFG-Ombudsmannes

Hadmut Danisch
23.7.2011 23:05

In der ZEIT ist ein Interview mit dem Jura-Professor Wolfgang Löwer, Sprecher und Promotionsexperte des Gremiums »Ombudsman für die Wissenschaft« der Deutschen Forschungsgemeinschaft, erschienen. (Auch unter academics.de.) Dazu fallen mir ein paar kritische Anmerkungen ein.

Völlig zu Recht kritisiert der Professor die in manchen Dissertation (und überhaupt den Publikationen mancher Fachrichtungen) häufig zu findende Zitierweise „vergleiche X”, denn sie sagt wirklich überhaupt nichts aus, sondern gibt dem Leser auf, selbst herauszufinden, was der Autor gemeint haben könnte.

Viel mehr sagt er selbst aber auch nicht. Wie üblich – da macht er als deutscher Professor keine Ausnahme – wälzt er die gesamte Verantwortung wieder auf den Doktoranden ab, der bei Abgabe der Dissertation doch wissen müßte, was und wie zu zitieren ist. Eine Verantwortung der Hochschule zur Ausbildung zu wissenschaftlichem Arbeiten sieht er nicht. Er erkennt das Problem zwar, erklärt es aber zum Problem anderer Leute. Erst bei der Prüfertätigkeit sieht er die Universität in der Pflicht. Wozu braucht man dann aber die Betreuungsphase vor der Promotionsprüfung, wenn der Doktorand sich doch alles – aus Büchern – selbst aneignen soll?

Zitat Löwer:

„In jedem Lehrbuch zum korrekten wissenschaftlichen Arbeiten steht, dass wörtliche Zitate mit Anführungszeichen kenntlich zu machen sind.”

Zu meiner Zeit wurde an der Uni Karlsruhe nicht ein einziges solches Buch – oder überhaupt korrektes wissenschaftliches Arbeiten – erwähnt. Die ersten Bücher über wissenschaftliches Arbeiten (inzwischen habe ich einige) habe ich erst gefunden, als ich von der Uni weg war und begonnen habe, hier zu bloggen und zu publizieren. Im Gegenteil hat die Uni Karlsruhe (und auch einige als Ersatzprüfer angefragte Prüfer) sogar von mir verlangt, bestimmte als unwissenschaftlich angesehene Quellen (wie Kahn, Codebreakers, oder c’t) nicht zu zitieren, weil sowas nicht im Literaturverzeichnis auftauchten dürfe, dafür aber im Rahmen akademischer Würdigung Werke anzugeben sind, die ich nie benutzt habe und die noch gar nicht erschienen waren. Insofern muß man der DFG hier im mildesten Fall gewisse Wahrnehmungsstörungen unterstellen. Umsomehr da Löwer selbst Juraprofessor ist und es bei den Plagiaten ja vornehmlich um Juradissertationen ging, man also zunächst mal das Verhältnis von Jura-Professoren und ihre Lehre zum wissenschaftlichen Arbeiten hinterfragen muß.

Was aber eine bemerkenswerte Aussage Löwers ist:

„Bei der Auswahl, der Betreuung und der Benotung der Doktoranden gibt es offenkundig Mängel. Wenn ich mir manche der inkriminierten Dissertationen anschaue, wundere ich mich schon, dass man mit solchen Arbeiten an einer deutschen Universität promoviert werden konnte. […]
Häufig finden sich die Plagiate ja in eher schwachen Arbeiten. Wer in seiner Promotion etwas zu sagen hat, braucht nicht abzuschreiben.”

Schön gesagt, aber nicht realitätsgemäß. In Karlsruhe hieß es damals, daß ein Doktorand gar nichts zu sagen hat, weil man erst in der Habilitation selbst etwas zu sagen hätte. Der Doktorand hat durch Abschreiben den richtigen Quellen zu huldigen.

Eine interessante Kritik ist aber die:

„Wir produzieren längst Wissen, das nicht rezipiert wird. Als ich Anfang der siebziger Jahre Assistent war, gab es etwa zehn juristische Zeitschriften für das öffentliche Recht. Heute haben wir sechzig bis hundert Journale, deren Beiträge niemand überblicken kann. Das vergrößert auch die Chancen, mit einer Täuschung durchzukommen.”

Und auch diese Bemerkung ist höchst beachtlich, ein echter Hammer und ein Beweis für die Doppelzüngigkeit der DFG:

„Auch Professoren schreiben ab. Hier stünde es den Universitäten sogar sehr gut an, die Entrüstungsschraube stärker anzuziehen. Mit Verfehlungen ihrer Professoren gehen Unis laxer um als mit Täuschungen bei Promotionen. Dabei schaden solche Verstöße gegen die eigenen Regeln der Wissenschaft noch mehr. […]

In Darmstadt hat die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen Verletzung des Urheberrechts gegen einen Hochschullehrer mit der Begründung eingestellt, man wisse ja, dass Professoren ihre Beiträge von ihren Assistenten schreiben lassen. Ein solcher Eindruck vom Wissenschaftsbetrieb ist desaströs – und man zerstört ihn jedenfalls nicht dadurch, dass man mit professoralen Fehlern milde umgeht.”

Da zieht’s mir echt die Socken aus.

Einerseits habe ich die DFG (und deren Ombudstruppe) mehrfach auf die Verfehlungen von Professoren und ihrer Gutachter und die Mängel an Universitäten hingewiesen – und sie haben das immer ignoriert oder übergangen. Also haben sie selbst den laxen Umgang vorgegeben. Da haben sie sich nie dafür interessiert, was ich sage.

Gleichzeitig ziehen sie aber die Begründung der Staatsanwaltschaft Darmstadt als Peinlichkeitskriterium heran, vermutlich ohne zu wissen, daß ich diese Aussage der Staatsanwaltschaft Darmstadt hervorgerufen habe (Schreiben der Staatsanwaltschaft, damaliger Blog-Artikel dazu).

Nun gelte ich ja unter Wissenschaftlern in Allgemeinen und unter Juristen im Besonderen als nicht zitierfähig (und bin ja auch nicht Urheber des Schreibens, sondern die Staatsanwaltschaft Darmstadt). Das Ding hat sich aber – denn eine Blamage für die deutsche Wissenschaftsszene ist es allemal – verselbständigt und geistert inzwischen – mangels Quellenangabe eher so als Legende – durch die hochschulpolitische und -juristische Literatur (beispielsweise auch Rieble, Das Wissenschaftsplagiat, woher Löwer das höchstvermutlich hat, denn Rieble ist selbst Jura-Professor und damit für andere Jura-Professoren lesewürdig).

Das heißt, wenn ich der DFG als Hadmut Danisch, so ohne Doktor und Professor, Hinweise auf Mängel vortrage, ignorieren sie das. Wenn aber etwas von meiner Werkbank irgendwie Eingang in die Wissenschafts- und Jura-Literatur findet und man nicht mehr sieht, daß das aus meinem Stall kommt, dann wird es plötzlich als wichtig angesehen und als desaströs eingestuft.

Die haben’s gerade nötig, anderen moralisches Versagen und mangelnde Wissenschaft vorzuwerfen…

Dennoch freut es mich überaus, daß solche Aktionen wie die Strafanzeige in Darmstadt (die mich ja auch viel Zeit und manchmal Geld kosten) letztlich doch etwas bewirken und auch in ihrer Tiefe und Aussagekraft erkannt werden, auch wenn es letztlich über vier Jahre gedauert hat, sehr verschlungene Wege gegangen ist und erst der Einschlagswirkung von zu Guttenbergs und der anderen Plagiate gebraucht hat. Wenn jetzt sogar von der DFG (endlich) die Einschätzung kommt, daß das einen desaströsen Eindruck vom Wissenschaftsbetrieb hinterläßt, zeigen sich dann ja doch langsam mal Wirkungstreffer.

(Besten Dank an den Leser für den Link)

4 Kommentare (RSS-Feed)

Stefan Weber
24.7.2011 12:58
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Danke für den Hinweis auf das Interview, das mir entgangen ist. Ich finde, dass sich Herr Löwer doch toll entwickelt hat, was das Erkennen des Problems anbelangt. Ich erinnere daran, dass er vor ein paar Monaten noch, nach den ersten EINDEUTIGEN Funden bei Guttenberg, gesagt hat, das sei “eher nicht entziehungsrelevant”. Damals schwamm er noch mit auf der breiten Welle des Wegsehens, Leugnens und Kaschierens. Nun spricht er doch Klartext. Das ist ein Fortschritt und Verdienst der Enthüllungen der vergangenen Monate, v. a. auch der Wikis. Auch Wintermantel hat ihre Meinung bezüglich “einiger weniger Einzelfälle” offensichtlich geändert. Allerdings wird sehr genau zu beobachten sein, ob sich nun TATSÄCHLICH etwas ändern wird.

LG
sw


Volker Rieble
24.7.2011 18:04
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Lieber Herr Danisch,

mir gelten Sie ohne weiteres als zitierwürdig, weil Sie mit der erforderlichen Ernsthaftigkeit nach Wahrheit streben. Ich hatte allerdings von der Einstellungsverfügung der StA Kenntnis nur mittelbar über den Artikel von Herrn Leuze, den ich auch zitiert habe. In der zweiten Auflage werde ich selbstverständlich auch Sie als Quelle benennen.
Es ist aus meiner Sicht auch unwissenschaftlich, benutzte Quellen in “Würdigkeitsklassen” einzuteilen. Man kann nur fragen, ob diese wissenschaftlich valide sind. Das ist bei Tatsachenberichten selten problematisch, bei wertenden Texten dagegen schon. Deshalb gibt es etwa Einwände gegen anonyme Texte, für die keiner die Verantwortung trägt, wie etwa wikipedia.
So wie Sie das schildern, muß die Karlsruher Uni ja ein Wissenschaftslager im Ausnahmezustand sein; ich käme nie auf die Idee, einem Doktoranden das Zitieren der c’t zu untersagen (hab diese auch selbst schon zitiert).
Vielleicht bedenken Sie: Karlsruhe ist nicht überall.
Viele Grüße
Ihr VR


Hadmut Danisch
24.7.2011 18:37
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War kein Vorwurf, denn es ist ja letztlich auch nicht notwendig mich zu zitieren, denn ich bin ja nicht Urheber, Schöpfer, Autor dieser Aussage. Wenn, dann müßte man selbigen Staatsanwalt namentlich zitieren, worauf der vermutlich aber keine besonderen Wert legen dürfte. Insofern ist das völlig in Ordnung, die Sache als Aussage der StA Darmstadt zu klassifizieren, ohne mich da irgendwie zu erwähnen.

Was mich an der Sache stört ist nicht die Art des Zitierens, sondern die Haltung der DFG. Ich habe denen mehrfach Probleme, Fehlverhalten und Mängel vorgetragen, beispielsweise, daß es an vielen Universitäten die von der DFG geforderten „Kommissionen zur Untersuchung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens” (schon der Name…) nicht wirklich gibt, und sie nur vorgetäuscht werden. Auf solche Eingaben von mir reagiert die DFG überhaupt nicht.

Erst wenn das in der „wissenschaftlich relevanten” Literatur auftaucht, läßt sich die heilige DFG endlich mal zur Kenntnisnahme herab.

Karlsruhe hat mir vorgeworfen, daß ich in meiner Diss David Kahn, The Codebreakers (ein Standardwerk) zitiert hatte. Das sei populärwissenschaftlich und habe in der Literaturliste nichts zu suchen.

Der Vorwurf mit der c’t kam nicht aus Karlsruhe, sondern von einer anderen Uni. Als ich nämlich nach einem Ersatzdoktorvater suchte und dazu die Diss einem anderen Professor als PDF schickte und mit ihm darüber sprach, schaute er sich zuerst – wie viele Informatikprofessoren das so machen – das Literaturverzeichnis an, sah die c’t, und sagte dann ab, weil er sich seinen Ruf kaputt machen würde, wenn er jemanden promoviert, in dessen Diss solche Populärliteratur im Literaturverzeichnis stünde, das ginge gar nicht. Auf meine Antwort, daß die c’t nunmal eine primäre Quelle für aktuelle Informationen in der IT-Sicherheit ist (und nicht etwa die wenn überhaupt mit 1-3 Jahren verspätet erscheinenden wissenschaftlichen Publikationen), und wenn ich daraus Anregungen übernommen habe, diese auch zitieren muß und will, erklärte der mir, daß man sich davon zwar anregen lassen darf, aber das eben nicht in einer Literaturliste auftauchen dürfe. Und das war nicht Karlsruhe.

Und vor einigen Jahren bat mich ein Physiker um Unterstützung, der an einer anderen Universität – auch nicht Karlsruhe – ein Verfahren vor der Kommission angezettelt hatte, weil sein ehemaliger Diplomarbeitsbetreuer die Diplomarbeit für seine Dissertation verwurstet und die MPG sogar ein Patent auf den Namen des Doktoranden beantragt und erhalten hatte, ohne den Diplomanden irgendwo zu zitieren. Er wollte für die Verhandlung vor der Kommission einen Sekundanten dabei haben, weshalb ich mitkam. Und dort vertrat man ganz offen die Auffassung, daß Diplomarbeiten nicht zitiert werden müssen, weil Diplomanden nicht zitierwürdig und -fähig seien. Und das war nicht Karlsruhe.

Ein alter Kumpel von mir, schon seit über 20 Jahren Informatik-Professor, mit dem ich mich natürlich auch mehrfach unterhalten habe, hat mir das auch gesagt, daß bei vielen Professoren (jedenfalls der Technischen Fächer) der Mensch erst oberhalb des Doktors anfängt, und alles darunter nicht als vollwertig, nicht als zitierwürdig, nicht als wissenschaftsfähig angesehen wird. Auch nicht Karlsruhe.

Es ist also nicht nur ein Karlsruher Problem, obwohl es da natürlich besonders wüst zugeht.

Als ich in Karlsruhe Doktorand war und angefangen habe, mich gegen die Erpressung zu wehren, wurde mir vom Doktorvater, vom Dekan, vom Ombudsmann, von einem Vermittler des Rektorats übereinstimmend erklärt, daß man erst nach der Promotion, aber der Habilitationsschrift, machen und schreiben dürfe, was man will. Vorher sei man an die Führung und Anweisung des Doktorvaters gebunden und quasi nur dessen ausführendes Organ, man also eigentlich nur dessen Geistesleistung wiedergebe und damit nicht selbst Wissenschaftler sein könne (was übrigens in bemerkenswertem Widerspruch dazu steht, daß die Promotion ja der Nachweis der Befähigung zu selbständigem wissenschaftlichem Arbeiten sein soll, sie einem aber das ja gerade nicht gestatten). Und daraus kommt auch die Geisteshaltung, daß man unpromovierte Leute nicht zu beachten braucht. Und gerade in Karlsruhe lassen die einen das natürlich auch spüren, ebenfalls bei der DFG.

Ich kann beispielsweise keine Forschungsgelder bei der DFG beantragen, weil mir der Doktor fehlt.

Und das ist das, worauf ich hinauswill. Nämlich daß die DFG selbst höchst unseriös ist, weil sie in ihrer Wahrnehmung nach Opportunität und Rangordnung selektiert.

Ob das Problem dieses Zitierens usw. tatsächlich auf Karlsruhe oder Informatik beschränkt ist, wird sich irgendwann zeigen, denn ich hab da ja noch eine Verfassungsbeschwerde in meiner Promotionsangelegenheit anhängig. Und von den Verfassungsrichtern sind ja viele Professoren. Mal sehen, wie die Rechtswissenschaftler den Vorgang einstufen werden. Die werden sich daran messen lassen müssen.


Illusion-der-Exzellenz
26.7.2011 4:13
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Hallo Herr Danisch,
man muß sicherlich kein Psychologe sein, um aus ihrem Text eine starke Empörung und auch eine gewisse Wut herauszulesen, die, sofern sich ihre subjektiven Eindrücke auch nur zur Hälfte objektivieren lassen würden, mehr als verständlich ist. Ich habe mich anhand dieses Blogs ein bißchen mit Ihrem Fall vertraut gemacht und kann gut verstehen, daß Sie auf den Wissenschaftsbetrieb nicht allzu gut zu sprechen sind. Vielleicht ist es ja ein kleiner Trost für Sie, daß es tatsächlich nicht überall so zu geht wie in Karlsruhe – so durfte ich während meines Studiums selbstverständlich auch die c’t zitieren, deren Autoren ja selbst oft Akademiker sind. Ich sehe darin ehrlich gesagt auch kein Problem, wenn die Aussagen valide sind, was dann aber natürlich andere Publikationen wie PM oder sowas disqualifiziert. Aber das dürfte ja klar sein. Ich denke, das mit der Zitierfähigkeit scheint tatsächlich, so wie Sie es schildern, eine Eigenheit der MINT-Fächer zu sein, da ich das für “meinen” Bereich keinesfalls bestätigen kann. So habe ich z.B. eine meiner Diplomarbeiten veröffentlicht, und ich weiß, daß daraus bisweilen zitiert wird, obwohl hinten drin steht, daß es sich um eine DA handelt. Ein Professor aus Bayern hat es sich sogar nicht nehmen lassen, einen achtseitigen Verriß, pardon, “Rezension” dazu zu verfassen (was weniger mir als vielmehr ihm selbst geschadet hat, aber das ist eine andere Geschichte), wohingegen sie in einem anderen MA-Studiengang als Pflichtlektüre auf der Literaturliste steht.
Meine Master-Thesis habe ich ebenfalls veröffentlicht, und sie findet sich in vielen deutschen Hochschulbibliotheken und auch in solchen in Österreich und der Schweiz (wohl wegen des sehr raren und speziellen Themas), und auch daraus wird zitiert. Ich promoviere derzeit an einer bekannten Uni in NRW. Vor einigen Wochen habe ich ein weiteres Buch veröffentlicht, und mein Diss-Erstleser würde nie, niemals und nimmer auf den völlig abwegigen Gedanken kommen, hier irgend etwas für sich zu beanspruchen oder zu glauben, ich müßte in diesen Text irgendetwas von seiner Expertise einfließen lassen oder ihn auch nur erwähnen. Auch habe ich niemals, weder bei mir selbst noch bei Kommilitonen die Erfahrung gemacht, daß studentische Texte einfach von Profs ausgeschlachtet werden. Ganz im Gegenteil wurde in allen mir bekannten Fällen bei gemeinsamen Veröffentlichungen von Lehrenden und Studierenden ordentlich angefragt und der Teil der Studierenden noch süßlich über den grünen Klee gelobt. Im Erststudium habe ich an einem Forschungsprojekt teilgenommen und auch die statistischen Auswertungen und den Abschlußbericht verfaßt. Selbstverständlich wurden die Forschungsleiter darin gebührend erwähnt, aber auf dem Umschlag der gedruckten Version steht allein mein Name, und es wurde auch seitens der Profs nichts daran kritisiert, daß sie nicht drauf standen. Der Fragebogen, der verwendet wurde, wurde von mir verbessert, was keine Kritik des Profs, der ihn ursprünglich entworfen hatte, nach sich zog, sondern ein Lob.
Ich bin auch überzeugt davon, daß mein Erstleser niemals auf den Gedanken kommen würde, sich irgendein Textstückchen meiner Arbeit anzueignen, und wenn doch, dann wüßte er, daß ich ihm die Hölle heiß machen würde. Er hat übrigens von selbst die Sprache darauf gebracht und mir überzeugend dargelegt, daß derlei Unfug seine Sache nicht ist – hat er auch gar nicht nötig, er ist sei zwanzig Jahren einer der bekanntesten Wissenschaftler auf seinem Gebiet, ebenso mein Zweitleser. Dessen wissenschaftlichen Assistenten wiederum kenne ich sehr gut, und auch er hat nicht mit solchen Problemen zu kämpfen und im Vergleich zu dem, was ich so von anderen wiss. Ass. höre, scheint er es mit seinem Chef auch gut getroffen zu haben, obwohl er natürlich nicht den ganzen Tag in der Hängematte liegt (übrigens wurde auch seine DA [gleiches Thema wie meine eigene] in gekürzter Form in einem anerkannten Fachmagazin veröffentlicht und wird ebenfalls noch heute zitiert, gleichfalls einige seiner Beiträge in verschiedenen anderen Fachmagazinen und aus den Sammelbänden).
Es mag sein, daß ich, was derlei Probleme angeht, arg vom Glück verwöhnt bin, aber ich bin froh, daß ich nicht, wie es anscheinend Ihnen widerfahren ist, vorwiegend die miesen Seiten des Wissenschaftsapparats sehen mußte. Das gibt mir dann – trotz all der berechtigten Kritik am Wissenschaftsbetrieb, die in letzter Zeit allenthalben zu lesen ist – doch ein wenig Hoffnung.