Geheimverträge zwischen Wissenschaftseinrichtungen und Unternehmen
Ein Leser schickt mir gerade diesen Link auf eine – wie ich finde unvertretbare – Antwort der Bundesregierung zu einer Bundestagsanfrage bezüglich der Geheimverträge zwischen der Deutschen Bank und zwei Berliner Universitäten.
Man hatte diverse Fragen gestellt, die sich darum drehen, wie das mit der Freiheit von Forschung und Lehre zusammenpassen soll.
Die Antworten der Bundesregierung laufen alle auf die gleiche Richtung hinaus: Wissen wir nicht, interessiert uns nicht, stört uns nicht, sind wir nicht für zuständig, ist Sache der Bundesländer, fällt in die Autonomie der Hochschulen. Ist ein Problem anderer Leute oder so.
Und das halte ich für grundlegend falsch.
Zwar ist es zutreffend, daß die Aufsicht über die Hochschulen Ländersache ist (wobei man schon darüber streiten kann, denn der Bund versucht ja gerade, Bundesuniversitäten hochzuziehen oder sich mit der Exzellenzinitiative und Konstruktionen wie dem Karlsruher KIT an den Universitäten zu beteiligen, womit sie Bundessache werden).
Die Freiheit von Forschung und Lehre ist aber ein Grundrecht, steht im Grundgesetz. Und das Grundgesetz ist Bundessache, dafür ist der Bundestag verantwortlich. Und damit auch für dessen Auslegung.
Das heißt, daß es zwar nicht Sache des Bundes ist, dienstaufsichtlich mit den betroffenen Universitäten zu verfahren. Aber es ist Sache des Bundes(tages), auf die Frage zu antworten, ob solche Vorgänge nach deren Auffassung mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Das kann nämlich politisch darauf hinauslaufen, daß man beispielsweise die Verfassung ändert, um so etwas zu ermöglichen oder zu verbieten. Also ist die grundsätzliche Frage durchaus Sache des Bundes, des Bundestages und der Bundesregierung.
Daher halte ich die Antwort der Bundesregierung für falsch und verfehlt. Und damit für nicht überraschend.
Und wer schreibt so einen Mist? Steht ganz unten auf Seite 1:
Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 22. Juli 2011 übermittelt.
Ausgangspunkt wieder einmal Annette Schavan. Chefdirigentin der deutschen Hochschulkorruption.
5 Kommentare (RSS-Feed)
Verantwortlich für die Auslegung des GG sind die Stellen, die halt für den Fall zuständig sind, wo es ausgelegt werden soll. Aber nicht der Bundestag.
Du hast da was missverstanden: Der Bundestag ist Chef der Exekutive und Teil der Legislative. Die Macht, Geetze auszulegen, heißt allerdings Judikative. _Deren_ Chef ist das Bundesverfassungsgericht.
Wenn du glaubst, die Deutsche Bank habe gegen das GG verstoßen, erstatte gegenüber der Polizei halt eine entsprechende Anzeige. Der Bundestag hat damit nix zu tun. (Betroffene Hochschulprofessoren dürften AFAIK sogar direkt Klage einreichen. Aber ich bin ja kein Anwalt.)
@nullplan: Falsch!
Erstens ist die Polizei für Strafrecht und nicht für Grundrechtsverletzungen zuständig.
Zweitens ist die Rechtsprechung nur für die Auslegung im Einzelfall aber nicht für die generelle Wirksamkeit zuständig.
Drittens sind Leute wie ich hier nicht aktivlegitimiert, weshalb nur der politische und nicht der Rechtsweg bleibt.
Viertens ist jeder Gesetzgeber selbstverständlich verpflichtet, seine Gesetze auf Wirksamkeit zu evaluieren.
Also mehrfach falsch…
Die Deutsche Bank finanziert eine Forschungsinitiative und schließt zu diesem Zweck einen Kooperationsvertrag mit der Berliner HU und TU. Ähnliches erfolgt in Bremen. Die Geldgeber reden bei der Stellen-besetzung und der inhaltlichen Gestaltung mit. Soweit so üblich – wer zahlt bestimmt wo es lang geht in der freien Marktwirtschaft.
Erst die Geheimniskrämerei macht die Sache meines Erachtens nach politisch brisant bzw. wirft doch einige Fragen auf.
Immerhin sind die genannten Unis als öffentliche Einrichtungen doch verflichtet darzulegen aus welchen Mitteln sie was (Stellen, Projekte, Studien, Sachmittel) finanzieren und welche Ergebnisse mit den eingesetzten Mitteln erzielt wurden.
Sollen hier unlautere Finanzierungsquellen verschleiert werden bzw. Forschungsergebnisse unter dem Deckmantel öffentlich-rechtlicher Einrichtungen als wissenschaftlich “neutral” verkauft werden?
Aus meiner naiven Sicht wäre aber auch eher der Berliner bzw. Bremer Senat die 1. Anlaufstelle – immerhin haben deren Wissenschafts-senatoren und nicht das BMBF die Verträgen genehmigt.
Insofern stellt sich schon die Frage was der eigentliche Zweck der Anfrage sein sollte.
Die Antwort des BMBF ist zwar enttäuschend, passt aber zu der vormals eingeschlagenen Strategie die Stellung der Länder und Hochschulen gegenüber dem Bund zu stärken.
Das sehe ich explizit anders: Zuständig ist allein der Berliner Wissenschaftssenator. Bundesuniversitäten sind derzeit weithin unzulässig. Und der Bund darf Landesvorgänge schon wegen der disziplinarrechtlichen Fragen nicht bewerten oder kommentieren.
Spannender wäre die Frage gewesen, ob solche Zusammenarbeit mit Blick auf die DFG-Förderung (ine Bundesangelegenheit) bedenklich ist. Aber die hat die Linke ja nicht gestellt. Und ob die Linke in Berlin – wo sie selbst an der Regierung ist – solche Fragen stellt, darf man bezweifeln.
Kurz: Die Anfrage war ein intellektuelles Fake – und wurde als solches auch beschieden.