Zu teuer und zu wenig effizient
Der Rechnungshof Baden-Württemberg rügt die Pädagogische Hochschule Karlsruhe (PH). Hammerzitat daraus:
„Die Pädagogische Hochschule könnte ihre Leistungen in Forschung und Lehre deutlich steigern, wenn sie ihre Organisation, ihre Personalstruktur und die Ausstattung der Lehrstühle verbessern würde und alle Bediensteten die gesetzlich vorgeschriebenen Lehrleistungen vollständig erbringen würden.”
(Danke für den Link!)
7 Kommentare (RSS-Feed)
Das ist echt ein Hammerzitat. Das besagt doch in nur wenig geschönten Worten: “Die Bediensteten der PH machen ihre Arbeit nicht.”
Also Leistungs- und Arbeitsverweigerung. In der freien Wirtschaft ist das ein Grund, nach Abmahnung die Kündigung auszusprechen. In besonderen Fällen (beharrliche Arbeitsverweigerung) ist das sogar ein Grund für fristlose Kündigung, und unter Umständen sogar für Schadensersatz.
Aber unsere Professoren sind ja unkündbar verbeamtet.
“weil sie ohne Anstellung an einem Institut ihren Doktor-Grad wieder verliert”
Achso? So weit sind wir also schon gekommen… oder bezog sich das nur auf PD? Denn sonst würde mich das schon interessieren, auf welcher Rechtsgrundlage sich die Freunde das vorstellen.
Scheint ja ein “interessanter” Laden zu sein …
Allerdings kommt mir das eine oder andere an den Ausführungen leicht komisch vor.
“[…] und ansonsten hauptsächlich Lehrbeauftragte, die für ein Seminar pro Semester so ca. 500-750€ bekommen.”
Das wäre ja gar nicht mal schlecht, als Lehrbeauftragter hab ich – TATAAA – sage und schreibe GANZE 15,- EUR die Stunde bekommen …
An der VHS hier bekommt man immerhin knapp 20,- / h – selbst dann wenn man Schwurbel-Homöopathie unterrichtet …
“Philosophie und Neurologie werden nachgerade geächtet, aber bei den BWLern wird zumindest aus der Sprache fleißigst kopiert, weil sich das immer schick anhört.”
Daß Pädagogen nicht unbedingt Freunde der (deterministischen) Hirnforschung sind, ist ja noch erklärbar (gleichwohl man es nicht unter den Tisch fallen lassen darf). Aber das mit der Philosophie will mir nicht ganz eingehen, denn gerade die Pädagogik beruft sich ja bis heute auf die philosophischen altgriechischen Wurzeln insbesondere bei Platon (vor allem die ethischen Aspekte hinsichtlich der Verantwortung des Lehrenden dem Schüler gegenüber, auch das Höhlengleichnis wird immer wieder gern verwendet) und (weniger) Aristoteles.
“Ansonsten gibts auch noch mindestens eine Dozentin (PD), die notfalls auch für lau arbeiten müsste oder vielleicht auch schon musste, weil sie ohne Anstellung an einem Institut ihren Doktor-Grad wieder verliert.”
Das ist schlechterdings nicht möglich. Nicht das für lau Arbeiten, sondern der Verlust des PD – sofern der einmal erworben wurde, ist es egal ob man an einem Institut tätig ist oder in Thailand den Aussteiger spielt, was man hat, das hat man.
Was die genaue rechtliche Grundlage dieses Arrangements der PD ist, weiß ich nicht. Dass es aber der Fall ist, dass sie bei Einstellung der Tätigkeit an der Universität diesen Grad wieder verliert, das weiß ich.
Warum die Pädagogik die Philosphie ächtet, ist mir auch nie ganz aufgegangen. Aber vielleicht liegt es an dem Hang zur Kritik, der der Philosophie innewohnt. Selbst mit Platon beschäftigt man sich in der Pädagogik besser nicht zu intensiv, weil man sonst schnell darauf stoßen würde, dass die platonische Lehre etwas ganz anderes intendiert hat als das, was wir heute Pädagogik nennen. Mein Eindruck ist da mehr so, dass man sich gerne mit dem Etikett “Philosophie” schmückt, aber mit der Materie der Disziplin eigentlich nichts zu schaffen haben will. Ich wurde mal beschimpft, ich möge von meinem “hohen Ross der Philosophie absteigen”, als ich mal die Evaluationsbögen der Universität in Frage gestellt habe. Eine Freundin hat für ihr Thema der Diplomarbeit gesagt bekommen, es sie zu philosophisch. Ich wollte ursprünglich meine Diplomarbeit über die pädagogischen Implikationen im Werk Nietzsches schreiben und man sagte mir, dass ich dafür an der ganzen Universität niemanden finden werde. Wenn ich es resümiere, hat mir meine eigene philosophische Bildung im Studium mehr geschadet als geholfen, weil es mich Dinge hat hinterfragen lassen, die man nicht in Frage gestellt wissen will.
Die Unkenntnis der meisten Studenten, aber auch der Lehrenden in Sachen Philosophie(-geschichte) geht so weit, dass die meisten nicht einmal wissen, dass der Originalspruch nicht “Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir.” ist, sondern dass er so heißt: “Non vitae, sed scholae discimus.” also, “nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen wir.” Die Wenigsten wissen, dass er von Seneca ist. Noch weniger wissen, wer überhaupt Seneca ist. Viele kennen nicht den Untschied zwischen Platon und Sokrates. Auch über die “jüngeren” Gründerväter der modernen Pädagogik weiß kaum einer was, bspw. über den Herrn Herder. Wundert mich aber auch nicht, weil, liest man den, muss man sich recht schnell fragen, ob das, was Pädagogik heute ist, nicht so ziemlich das Gegenteil dessen ist, was er eigentlich wollte. In gewisser Weise gilt das slebe sogar für die Vorstellungen Kants bezüglich der Mündigkeit, die meist auch nur als Etikett getragen wird. Aber kaum jemand bemerkt das, weil niemand allzu tief in die Dinge einsteigt. Ich schätze, wegen dem kritischen Potential, aber das ist nur Vermutung.
Die Ächtung der Neurologie ob ihre Determinismus wäre für mich dann in Ordnung, wenn das Kritik aus Sachkenntnis wäre, wobei die Kritik dann auch notwendig viel differenzierter ausfallen würde. Es ist aber faktisch Kritik aus Ressentiment (“böse Determinismen!”). Die meisten kennen nicht den Unterschied zwischen Neuron und Axon; und von Bio-Chemie – wenigstens in Grundlagen – weiß auch kaum einer was. Es ist aber auch bezeichnend, dass vor allem Pädagogen sofort “riechen”, ob jemand ADHS hat und ob er Ritalin braucht, gleichzeitig aber voll überzeugt sind, dass sie mit Neurologie gar nichts zu tun haben.
@ Steffen: wenn du all die feuern würdest, die in dieser Institution ihren Job nicht richtig machen, dann hättest du in etwa wieder die Situation wie nach dem 2. Weltkrieg, d.h. zunächst kein Personal und kurz darauf genau dasselbe Personal mangels Alternativen…
PD ist kein Grad, sondern sowas wie eine Berufsbezeichnung. Und wenn man die Tätigkeit nicht mehr ausübt, darf man die Bezeichnung auch nicht mehr führen – ganz einfach.
@anonym: Stimmt nicht. Es gibt einige Berufsbezeichnungen, die man per Gesetz auch weiter führen kann, wenn man sie nicht mehr ausübt. Professor zum Beispiel.
Mein Studium (Pädagogik, Mainz) war teilweise auch dadurch gekennzeichnet, dass nur ca. 2/3 der Stunden auch stattfanden. Ausreden waren immer “persönliche Umstände”, bei denen es auch auf Nachfrage keine genaueren Antworten gab.
Von 3 Terminen für eine Sprechstunde findet vielleicht eine statt.
Ehrlich gesagt war die Lehrqualität aber auch so mittelmäßig, dass das Stattfinden oder Nichtstattfinden kaum einen Unterschied gemacht hat. Genau genommen war Nichtstattfinden für mich sogar besser, weil ich dann Zeit hatte, mich selbst zu bilden anstatt Vorgekautes, Praxisfernes, Realitätslosgelöstes wiederkäuen zu müssen.
Nur das mit den Sprechstunden war ärgerlich, aber man kann sich bei keinem beschweren, weil entweder keiner zuständig ist oder aber die Leute da so zusammenkleben, dass da keiner den anderen anschwärzt, gleichwohl die sich intern völlig zerhacken (wie ich aus guter Quelle weiß). Ziemlicher Schizoladen voller gestörter, über dreißig jähriger Kinder. Von 45 Veranstaltungen, die ich besuchen musste, haben mir 3 etwas gebracht. Von ungefähr 40 Lehrenden, die mir so durchs Studium gelaufen kamen, hatte ich vor 2 so etwas wie intellektuellen Respekt. Der Rest schien selten zu wissen, was sie eigentlich machen, waswegen es dann mehr Edutainment war als Education. Nur sind die sogar als Unterhalter schlecht gewesen.
Besonders hart war es manchmal dann, wenn ich bemerkt habe, dass man Probleme auf Arten stellt, die völlig abwegig waren, aber perfekt ins kleinbürgerliche Denken der Lehrenden gepasst hat. Ich sage nur: hartz-Empfänger trinken Bier und kaufen Flat-Screens.
Manche Vorlesungen sind seid 5 oder 10 Jahren mit selben Inhalt (absolut identisch), heißen aber “Neues aus der xxx-Forschung” und wenn man nicht hingeht, weil es überhaupt völlig niveaulos ist, dann wird man behandelt, als ob man die Verkündung der übelsten Durchbrüche unrechtmäßig verschwitzt hätte. Mit Klausuren, in denen niemand durchfällt. Habe nie verstanden, was das für einen pädagogischen Sinn hat, weil es eigentlich Verarsche ist.
Eigentlich kam dieses ganze Studium mehr wie eine Verarsche rüber. Manchmal wurde man behandelt wie ein geistig Behinderter. Im Gymnasium wurde man durchgehend mit mehr Achtung behandelt als da (wie gesagt: in Pädagogik, da sollte man eigentlich wissen, dass das so nicht laufen sollte, aber naja)
Bezüglich Personalstruktur hatte ich den Eindruck, dass man in die Stellen-Anzeigen so geschrieben haben muss: “Bitte sein sie möglichst unfähig und gehorsam.”
Manche Höheren in dem Institut benutzen die DFG und DAAD im Grunde zur Finanzierung ihrer kostspieligen Reisen, in denen nichts Brauchbares entsteht. Sie lehren eigentlich auch so gut wie nie. Dafür blockieren sie evtl. kompetente Nachfolger, falls es die noch gibt bzw. falls kompetente Menschen überhaupt noch freiwillig an die Universität gehen würden.
Ich glaube, auf ca. 2000 direkte Studenten in dem Bereich und noch mal so viele Nebenfächler/Magister/Lehrämtler kommen 3 Uni-Professoren und ansonsten hauptsächlich Lehrbeauftragte, die für ein Seminar pro Semester so ca. 500-750€ bekommen. Einer von den 3 Profs lässt sich eben durch den DAAD und die DFG finanzieren und macht eigentlich nichts nützliches, also gibts eigentlich nur 2 Profs und zahlreiche Billiglehrer. Einer der Billiglehrer ist inzwischen übel zynisch geworden, was mich aber auch nicht wundert.
Bezüglich der Organisation hatte das Institut ein Semester nach Bacheloreinführung so viele Klagen wie nie zuvor – wegen schlecht und unmöglich geplanter Studienverläufe, fehlgehender Online-Verwaltungssysteme. Hatte teilweise fast was von den Verwaltungsfehlerschlachten aus den Hauptquartieren der Almosenindustrie.
Interdisziplinarität ist Fremdwort und Lippenbekenntnis. Nicht mal mit den Pflichtnebenfächern (Psychologie, Soziologie) arbeitet man wirklich aktiv zusammen, schon erkennbar an völliger Unfähigkeit adäquat mit Statistiken umgehen zu können oder zu wollen (der Kracher waren die “Prognosen” bis ins Jahr 2060, die keine Sekunde ob ihres möglichen Wahrheitsgehaltes angezweifelt wurden). Mit anderen Bereichen wird dann logischer Weise noch weniger zusammengedacht. Philosophie und Neurologie werden nachgerade geächtet, aber bei den BWLern wird zumindest aus der Sprache fleißigst kopiert, weil sich das immer schick anhört. Über Sprache wird dementsprechend nicht reflektiert. Jeder kocht sein Wassersüppchen.
Ansonsten gibts auch noch mindestens eine Dozentin (PD), die notfalls auch für lau arbeiten müsste oder vielleicht auch schon musste, weil sie ohne Anstellung an einem Institut ihren Doktor-Grad wieder verliert. Übel, aber funktioniert für die Profiteure der Sache offenbar optimal.
Ja und diese tolle Universität bewirbt sich jetzt wohl für die Exzellenz-Irritative.
Etwas ironisch-sarkastisch-peinlich natürlich, dass man gerade eine Pädagogische Hochschule zu dem aufrufen muss, was eigentlich ihre Kernaufgabe ist: Organisation und Technik von Lehre, Bildung und Ausbildung sinnvoll und wirksam zu gestalten. Aber wundert mich kein Stück mehr.