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Selektive Moral bei Stiftungsprofessuren

Hadmut Danisch
16.8.2011 10:41

Studenten und Professoren der Uni Bremen machen gerade einen auf moralisch, und lehnen eine Stiftungsprofessur ab, weil der Stifter Satelliten baut – zivile und solche, die von der Bundeswehr genutzt werden. Eine widerliche Eruption vorgeschobener Doppelmoral und Pseudoentrüstung.

Da hat mal wieder die Polit-Ideologie zugeschlagen und den Override über den Verstand geschafft.

Erstens finde ich es abstoßend, daß die Moral bei den Stiftungsprofessuren so selektiv erwacht, erst wenn das richtige, von der politisch gesteuerten Moral negativ besetze Buzzword hochpoppt, einsetzt. Sonst kennen deutsche „Wissenschaftler” ja gar keine Moral, gar keine Skrupel, wenn es darum geht, Geld und Stiftungsprofessuren anzunehmen. Wollte man seriös moralisch handeln, müßte man generell Drittmittel und Stiftungsprofessuren in Frage stellen und eine Liste von Positivkriterien erstellen und nicht einfach mal dann rülpsen, wenn es gerade mal Gase abzulassen gilt.

Das ist so diese vorgeschobene, ganz billige Moral, für die man nicht denken muß. Man ereifert sich dann mal laut, da wo es ohne Risiko ist, auf gesellschaftlichen Dissenz zu stoßen, wo es keine Denkarbeit erfordert, mit einer Logik, die auch für die ganz Doofen – und damit auch für alle Akademiker – taugt, hat sich als friedlich und kritisch produziert, legt sich abends selbstzufrieden und in der Gewissheit, ein guter Mensch zu sein, ins Bett, und prostituiert sich am nächsten Tag wieder für jeden, der Geld in den Ring wirft. Für jeden noch so dubiosen und dreckigen Industriebereich zu arbeiten – gar kein Problem. Solange man da sein Alibi-Tabu pflegt.

Warum ist eigentlich jemand unerwünscht, der Satelliten für die Bundeswehr herstellt?

Man kann über die Bundeswehr denken wie man will, aber sie ist keine Privateinrichtung irgendeines Bösewichts sondern eine staatliche Einrichtung. Derselbe Staat, der auch die Universitäten finanziert und Dienstherr der Professoren ist. Wie kann man einen Satelliten-Hersteller, der für die Bundeswehr arbeitet, als Stifter ablehnen, sich aber gleichzeitig bei demselben Staat, der die Bundeswehr betreibt, als Beamter auf Lebenszeit einstellen lassen? Das ist doch eine verlogene Doppelmoral!

Mir wäre auch nicht bekannt, daß jemals Professoren oder Studenten eine Stiftungsprofessur etwa eines Automobilherstellers abgelehnt hätten, obwohl die fast alle auch die Bundeswehr beliefern. Oder die ach so beliebten Pharmaprofessuren verweigert hätten, weil der Hersteller Impfstoffe an die Bundeswehr liefert. Oder auf dem Uni-Klo das Klopapier verschmäht hätten, weil derselbe Hersteller auch die Bundeswehr beliefert.

Oh, ich will damit nicht sagen, daß man nicht gegen Rüstung sein darf. Aber wenn, dann soll man es konsequent machen und nicht nur so plakativ-selektiv, wenn’s gerade mal politisch opportun ist, und weitermachen, wenn keiner mehr guckt. Ich habe nichts gegen Rüstungsgegner, ich habe was gegen Heuchler.

Nein, was da abläuft ist weder seriös, noch konsequent oder durchdacht. Das ist nur so eine Art moralische Masturbation, üble Moral-Heuchelei. Und typisch für den Zustand unserer Universitäten. Widerlich.

(Aber wer oder was ist schon die Uni Bremen? Machen die auch mit Leistung Schlagzeilen oder nur mit sowas?)