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Verfassungsrichter und Tausendsassa

Hadmut Danisch
26.8.2011 11:13

Während einerseits Verfassungsgerichtspräsident Voßkuhle die Überlastung des Bundesverfassungsgerichts anprangert und Mißbrauchsgebühren verhängen will, lehnen Beschwerdeführer in einem Verfahren Verfassungsrichter Di Fabio wegen dessen diverser Nebentätigkeiten ab – neben seiner Richtertätigkeit hat er noch seine Professur in Bonn und obendrein eine Marcator-Professur in Duisburg/Essen (was nebenbei schon wieder mal die Frage aufwirft, warum die DFG Mercator-Professuren finanziert, obwohl die Professoren nicht Vollzeit bereit stehen). Muß ich mir jetzt Sorgen um meine Verfassungsbeschwerde machen?

Immerhin ist Teil meiner Verfassungsbeschwerde gegen die Ablehnung der Promotion, daß ein Professor der Uni Duisburg/Essen vorsätzlich ein Falschgutachten gegen mich abgegeben und dazu noch Arbeiten als Gutachter abgerechnet hatte, die er nicht erbracht hatte. Der hatte ohne irgendwas zu lesen, nachzuprüfen oder zu verstehen ein Blindgutachten abgegeben. Nicht einmal die Akten hat er geholt und wußte nicht, was ich eigentlich vorgetragen hatte. Eingefädelt vom Verwaltungsgericht. Das ist natürlich eine offensichtliche und eklatante Grundrechtsverletzung (Rechtswegsgarantie, Berufsfreiheit, …) und müßte in einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts entsprechend „gewürdigt” werden. Die Uni Duisburg/Essen fand daran jedoch kein Fehlverhalten – das sei wissenschaftlich und normal. Machen die anscheinend öfters so, wenn sie das für normal halten.

Würde aber ein Verfassungsrichter der Uni Duisburg/Essen so die Hosen runterziehen und sie bloßstellen, indem er diese Praxis als rechtswidrig einstuft, wenn er doch gleichzeitig dort eine Mercator Professur hat?

Daran würde ich erhebliche Zweifel haben.

Allerdings liegt meine Beschwerde beim ersten Senat, Di Fabio sitzt im zweiten. Kein direkter Bezug des ersten Senats zu Duisburg/Essen. Aber immerhin sind 7 von 8 Verfassungsrichtern des ersten Senats selbst Professor. Da über eine Beschwerde mindestens 3 Richter entscheiden, wird auf jeden Fall von einer Professoren-Mehrheit darüber entschieden. Und die müssen damit auf jeden Fall über die Hürde springen, ihr eigenes Verhalten in Frage zu stellen. Denn Teil meiner Beschwerde ist, daß laut einer Entscheidung des BVerfG von 1991 jede berufsbezogene Prüfung, deren Anforderungen und Bewertungsmaßstäbe einer gesetzlichen Grundlage bedürfen, und diese bei der Promotion in Baden-Württemberg (und auch allen anderen Bundesländern) fehlt, die Promotion also nach derzeitiger Praxis schlicht verfassungswidrig ist. Da die Verfassungsrichter als Professoren aber selbst auch Doktorväter bzw. Betreuer und Prüfer waren, müssen sie damit quasi auch ihr eigenes Prüferverhalten in Frage stellen können. Können sie das und werden sie das tun? Oder muß man das Bundesverfassungsgericht hier als so befangen ansehen, daß kein unbefangener Spruchkörper mehr zustandekommt?

4 Kommentare (RSS-Feed)

anonym
26.8.2011 12:51
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Hadmut Danisch
26.8.2011 13:01
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Stimmt auch nicht so ganz.

Richtig ist zwar, daß jemand nicht als befangen gilt, weil er eine vorgefasste Meinung hat (etwa weil er in solchen Fällen schon mal entschieden hat, sonst dürfte ein Richter ja niemals zweimal in ähnlichen Sachverhalten entscheiden).

Unrichtig ist aber, daß er nur mit sowas als befangen gelten könnte. Natürlich ist ein Richter befangen, wenn er der Entscheidung nicht mehr neutral gegenübersteht, insbesondere wenn es für ihn selbst irgendwelche Vor- oder Nachteile mit sich bringt, wie die Entscheidung ausfällt.

Und ein anderes Problem ist natürlich, daß Verfassungsrichter mit solchen Nebentätigkeiten ganz erheblich Befangenheitsmöglichkeiten einsammeln. Beispielsweise saß mal eine Verfassungsrichterin im Hochschulrat der Uni Karlsruhe – und sollte gleichzeitig über eine Verfassungsbeschwerde entscheiden, die damit in Zusammenhang steht. Da ist natürlich der Interessenkonflikt ganz konkret da. Zumal die Hochschulen ein nie versiegender Quell von Grundrechtsverletzungen und damit für Verfassungsbeschwerden sind.

Meines Erachtens sollten sich Verfassungsrichter aus genau diesem Grund möglichst bedeckt halten und neben ihrem Richteramt eigentlich gar nichts mehr sonst machen – wird ja auch gut genug bezahlt. Je weiter sich ein Richter da aus dem Fenster lehnt, desto höher ist die Gefahr, daß mal eine Beschwerde reinkommt, da damit unverträglich ist. Und nachdem sie ja sonst so auf abgehoben und würdevoll machen, sollten sie das hier auch tun.


Matias
26.8.2011 19:53
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Hat schon einmal jemand daran gedacht die Dissertationen (!) von Di Fabio genauer unter die Lupe zu nehmen? Laut Wikipedia hat er je einen Dr. in Rechts- und Sozialwissenschaften im Abstand von nur 3 Jahren gekriegt und in den beiden Jahren vor seinem Dr. in Rechtswissenschaften war er wohl auch noch sonst berufstätig (als Richter am Sozialgericht). Deutet darauf hin dass da wer den Dr. schnell mal so nebenher gemacht hat, das hat doch so ein Politiker (einer mit Brille und Gel in den Haaren, der Name fällt mir gerade nicht ein) auch probiert.
Aber bei Vroniplag machen sie ja in letzter Zeit lieber Jagd auf kleine Fachhochschullehrerinnen…


Hadmut Danisch
26.8.2011 21:08
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Glaub ich eher nicht. Di Fabio ist ja tatsächlich als Jurist aktiv und hat Ahnung.