Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

“Sumimus pecuniam et mittimus asinum in patria”

Hadmut Danisch
24.10.2011 15:58

Zu deutsch: Nehmen wir das Geld und schicken den Esel nach Hause. Ein herrlicher Artikel (aus DuZ) im SPIEGEL über pseudodoctores und die tiefe Verwurzelung der deutschen Promotion in der Korruption und im Titelhandel. (Danke für den Link! 🙂 )

10 Kommentare (RSS-Feed)

Matze
24.10.2011 16:21
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Hui, der wurde aber schnell verbloggt.

Matze ( aka m@z.net)


Dingens
24.10.2011 16:45
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Sehr interessant. Der Artikel beschäftigt sich mit der Antwort auf eine Frage, die mich umtreibt seit dem ich dein Blog lese. Aus deinen Beiträgen glaube ich häufig rauslesen zu können, dass es dich überrascht/verbittert/empört, wie sich die Zustände in der Wissenschaft (aber auch Politik und Gesellschaft) *entwickelt* und *verschlechtert* haben. Vor allem in deinen früheren Beiträgen habe ich häufiger ein unterschwelliges “früher war alles besser” rausgehört (oder wäre reininterpretiert besser?)

Mir kam da immer die Frage: War es früher besser oder zumindest grundlegend anders?

Wenn ich mich mit Leuten aus verschiedenen Generationen über den Unibetrieb unterhalte, höre ich ähnliche Klagen. Das reicht von Geschichten über Professoren dir ihr eigenes Fach nicht beherrschen, bis zu Geschichten in denen Studenten/Doktoranden übel mitgespielt haben.

Deswegen mal als Frage: Glaubst du dass die Zustände früher besser waren und sich die Gesamtsituation (bleiben wir mal nur beim Wissenschaftsbereich und lassen Politik/Gesellschaft aussen vor) grundlegend verschlechtert hat?


Hadmut Danisch
24.10.2011 16:52
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Da hast Du mich teilweise falsch verstanden.

Denn ich habe ja schon sehr frühzeitig darauf hingewiesen, daß nach Literatur der Doktor in Deutschland schon immer ein Handelsgegenstand war, der der Korruption diente. Im Mittelalter, als die Universitäten und die Doktorgrade entstanden, also fast von Anfang an, waren die Universitäten in dem Raum, der heute ungefähr Deutschland entspricht, schon immer auf Zuwendungen angewiesen. Gleichzeitig entwickelte sich eine Spaltung der Gesellschaft in drei Teile, nämlich den Adel durch Geburt, der hohe bürgerliche Mittelstand und das gemeine Volk. Weil dieser Mittelstand gerne etwas besseres sein wollte, man Adel aber damals nur durch Geburt erwerben konnte, etablierten sich die ganzen käuflichen und künstlichen Adelsprothesen. (Deshalb in Österreich auch diese unglaubliche Titelhörigkeit, jeder ist da Geheimrat oder irgendsowas.) Schon im Mittelalter ist der Doktor – besonders eben im deutschen Raum – zu einem Handelsgegenstand und Umsatzbringer für die Professoren geworden. Deshalb mußte man ja als Besonderheit die Habilitation einführen, weil der Doktor nichts mehr wert war.

Neu ist allerdings, daß an deutschen Universitäten die blanke Gier ausgebrochen ist, der Pöbel herrscht und die Korruption nicht mehr als schlecht, sondern als Dienstaufgabe angesehen wird.

Früher waren sie korrupt, hatten aber noch eine gewisse Ehre und Leistungsanforderungen, um Professor zu werden. Der Doktor konnte nichts, der Professor konnte noch was.

Heute sind sie korrupt, aber sonst nichts mehr. Und der Professor kann heute auch nichts mehr.

Also nicht „besser”, sondern anders.


anonym
24.10.2011 18:14
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“Gleichzeitig entwickelte sich eine Spaltung der Gesellschaft in drei Teile, nämlich den Adel durch Geburt, der hohe bürgerliche Mittelstand und das gemeine Volk. Weil dieser Mittelstand gerne etwas besseres sein wollte, man Adel aber damals nur durch Geburt erwerben konnte, etablierten sich die ganzen käuflichen und künstlichen Adelsprothesen.”

Bzw., wie in dem VGH-Bawü-Urteil zu lesen war: Mit der Doktorwürde war die Aufnahme in den Gelehrtenstand verbunden, was den Zugang zu Positionen eröffenete, die ansonsten dem Adel vorbehalten waren.


Boris
25.10.2011 10:44
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und früher war mehr Lametta 😉


Anonymos
25.10.2011 14:08
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… in patriam !!!


Hadmut Danisch
25.10.2011 14:11
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Stimmt eigentlich. Jetzt wo Du das so sagst. Hätte mir eigentlich auch auffallen können, aber mein großes Latinum liegt mittlerweile auch 30 Jahre zurück.

Allerdings war es ein wörtliches Zitat, und die übernimmt man normalerweise mitsamt der Fehler.


Illusion-der-Exzellenz
25.10.2011 15:16
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“Denn ich habe ja schon sehr frühzeitig darauf hingewiesen, daß nach Literatur der Doktor in Deutschland schon immer ein Handelsgegenstand war, der der Korruption diente. Im Mittelalter, als die Universitäten und die Doktorgrade entstanden, also fast von Anfang an, waren die Universitäten in dem Raum, der heute ungefähr Deutschland entspricht, schon immer auf Zuwendungen angewiesen. Gleichzeitig entwickelte sich eine Spaltung der Gesellschaft in drei Teile, nämlich den Adel durch Geburt, der hohe bürgerliche Mittelstand und das gemeine Volk. Weil dieser Mittelstand gerne etwas besseres sein wollte, man Adel aber damals nur durch Geburt erwerben konnte, etablierten sich die ganzen käuflichen und künstlichen Adelsprothesen. (Deshalb in Österreich auch diese unglaubliche Titelhörigkeit, jeder ist da Geheimrat oder irgendsowas.) Schon im Mittelalter ist der Doktor – besonders eben im deutschen Raum – zu einem Handelsgegenstand und Umsatzbringer für die Professoren geworden. Deshalb mußte man ja als Besonderheit die Habilitation einführen, weil der Doktor nichts mehr wert war.”

Interessante These, die allerdings an manchen historischen Ungenauigkeiten krankt und einige wichtige Aspekte nicht beachtet.


Hadmut Danisch
25.10.2011 15:17
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> “Interessante These, die allerdings an manchen historischen Ungenauigkeiten krankt und einige wichtige Aspekte nicht beachtet.”

Und wie soll ich bitteschön den Inhalt mehrerer Bücher so in 2-3 Sätzen zusammenfassen, daß es nicht zu Ungenauigkeiten kommt, und alle wichtigen Aspekte beachtet werden? Soll ich hier komplette Bücher als Kommentar abschreiben?


Illusion-der-Exzellenz
25.10.2011 18:04
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“Und wie soll ich bitteschön den Inhalt mehrerer Bücher so in 2-3 Sätzen zusammenfassen, daß es nicht zu Ungenauigkeiten kommt, und alle wichtigen Aspekte beachtet werden? Soll ich hier komplette Bücher als Kommentar abschreiben?”

Keine Ahnung, ist ja nicht meine These …
Allerdings gab es im Mittelalter keinen Mittelstand in dem Sinne, wie man ihn heute versteht (sondern Bürger, ansonsten Freie oder Leibeigene auf dem Land), als wichtige gesellschaftliche und machtpolitische Gruppe fehlt der Klerus, und vor allem sollte man das Mittelalter nicht mit der Renaissance und der sich damit überlappenden Neuzeit verwechseln – denn es ist zwar richtig, daß es mittelalterliche Universitätsgründungen gibt (deutschsprachig aber erst im 14. Jh.), aber viele andere Gründungen fallen in die Renaissance (je nach Standpunkt ab Dante, Fall von Byzanz oder andere Eckdaten), in dieser wiederum kam das Bürgertum zu ein bißchen mehr Macht. Außerdem fehlt die Beziehung zwischen Universität und Kirche, denn außer Recht und Medizin gab es nur Theologie (noch Newton und Darwin waren pro forma Theologen). Weiterhin zu bedenken, daß der Großteil der Studenten ja kaum aus dem Bauernstand kam – es waren Bürgerliche darunter, aber auch viele Adlige, die nicht das Glück hatten, Erstgeborene zu sein, insbesondere während der Neuzeit. Und Zuwendungen an die Universitäten kamen insbesondere auch von Landesfürsten und ähnlichem Gesocks. All dies auf rein finanzielle Interessen der Professoren zu reduzieren, Machtaspekte der Kirche und des Adels auszublenden usw. ist doch etwas sehr kurz gegriffen. Das sind nur einige Punkte, und dafür muß man kein Buch schreiben. Und was war übrigens mit den Magistern?
Im übrigen ist eine Kritik an Äußerungen keine Kritik an der Person, also nicht so dünnfellig.