Kriminelle Kooperation zwischen Universitäten, DFG und SAP?
Wie sich die Zeiten ändern. Was früher noch Korruption hieß, wird heute als moderne Forschung ausgegeben.
Diverse Quellen (z. B. die DFG selbst, LifeGen, Uni Göttingen, TU Berlin) berichteten (zugegeben, schon ein Jahr alt, nicht mehr ganz frisch, trotzdem Danke an den Leser für den Link) darüber, daß es da Verträge zwischen drei Universitäten, der DFG und SAP gibt, die Forschungskooperation betreffen. Es geht wohl um Dresden, Darmstadt und Karlsruhe.
Nun ist eine Kooperation mit der Industrie gegen Entgelt zwar fragwürdig, aber noch nicht verboten. Einerseits sollen die Leute zur Abwechslung ja auch mal etwas Vernünftiges tun, andererseits sieht man ja beispielsweise im Bereich Medizin, daß man Wissenschaftlern gar nichts mehr glauben kann, wenn sie erst mal in Industrieinteressen eingespannt und finanziell verwoben sind.
Kritisch wird es aber spätestens hier (Zitat aus dem DFG-Text):
In den Kooperationsprojekten sollen Doktoranden aus der jeweiligen Hochschule und Mitarbeiter von SAP gemeinsam abgestimmte Forschungsfragen im Bereich der Informatik und verwandten Gebieten bearbeiten und damit promovieren. Die Arbeiten sollen dabei teilweise auch in den Entwicklungsabteilungen von SAP durchgeführt werden.
Die Teilprojekte der Hochschulen werden von der DFG gefördert, wofür die beteiligten Hochschulen einen Förderantrag nach den üblichen Förderrichtlinien stellen. Die von den Hochschulen im Rahmen des Kooperationsprojektes erzielten Arbeitsergebnisse werden an SAP übertragen. Als Gegenleistung erhalten die Hochschulen laut Kooperationsvertrag von SAP ein Entgelt, das in der Regel 50 Prozent der DFG-Fördersumme beträgt, in Ausnahmefällen auch darüber liegen kann.
Und das ist meines Erachtens nicht nur prüfungsrechtlich unzulässig, sondern kriminelle Korruption. Ich habe vor einigen Jahren (siehe Adele und die Fledermaus) genau so einen Fall aufgedeckt, in dem es um eine Diplomarbeit ging, die an einer externen Firma in deren Entwicklungsabteilung stattfand, für die es einen Kooperationsvertrag mit der Uni Karlsruhe gab, und in dem die Uni einen Betrag von DM 3.000,- für den „Wissenstransfer” forderte. Also exakt dieselbe Situation wie jetzt mit SAP, nur eben Diplom- statt Doktorarbeit (und billiger).
Damals hat die Kriminalpolizei die Sache untersucht und die Staatsanwaltschaft hat mir bestätigt, daß strafbare Vorteilsannahme vorliegt. Weil der Betrag nicht gezahlt wurde und das Rektorat die Schuld auf sich nahm, hat die Generalstaatsanwaltschaft damals den Professor, gegen den sie ermittelte, vom Haken gelassen – gegen das Versprechen des Rektorats, alle Professoren aufzufordern, das nicht mehr zu tun. Und tatsächlich gab es damals auch ein entsprechendes Rundschreiben, das als Vorwand aber die Vorgänge in Konstanz benannte. Es bleibt aber, daß solche Zahlungen in Zusammenhang mit Prüfungen strafbar sind. Und das wußte das Rektorat spätestens damals. Und damals war Hippler schon Rektor.
Was die Jungs an den Universitäten und bei der DFG da längst wissen, aber partout nicht einsehen wollen ist, daß sie zwar die Freiheit von Forschung und Lehre haben, die sich aber nicht auf Prüfungen bezieht, weil Prüfungen Akte staatlicher Gewalt sind. Und dafür darf eben kein Geld an den Beamten oder Dritte gezahlt werden, weil das strafbare Vorteilsgewährung/-annahme ist.
Auch inhaltlich kann man das nicht wollen, denn es drängt sich ja geradezu auf, daß die Prüfer dadurch beeinflußt werden, ob, wann und wieviel Geld sie da bekommen. Und ein Prüfer, der dringend Geld braucht, wird bei der Promotion auch schnell mal fünfe gerade lassen sein, um irgendwelche Ergebnisse als richtig durchzulassen bzw. als toll zu verkaufen.
Und umgekehrt läuft das ebenfalls schief, wie sich ja an meinem Promotionsverfahren damals gezeigt hat. Erst waren die Ergebnisse ganz toll, aber man wollte von meinem Arbeitgeber geldwerte Leistungen haben. Als der das verweigerte, wurde ein und dieselbe Dissertation von heute auf morgen für fachlich falsch erklärt. An der Karlsruher Informatikfakultät hängt es unmittelbar vom geldwerten Vorteil (vulgo: Schutzgeld) ab, was die dort für falsch und was sie für richtig halten. Da läuft ein regelrechter Titelhandel.
Und ob das für die Doktoranden in ihrer Arbeit nun so vorteilhaft ist, wäre auch fraglich. Zwar ist die Kantine bei SAP in Walldorf um Dimensionen besser als die Mensa an der Uni Karlsruhe, aber letztlich macht der Doktorand, wenn er mit seiner Promotion bei SAP Geld für den Doktorvater verdient, nichts anderes, als für seinen Zuhälter anschaffen zu gehen. Das ganze stinkt gewaltig nach einem Informatiker-Strich. Wenn jemand da als Angestellter oder Freiberufler hingeht, und selbst dafür bezahlt wird, ist das eine Sache. Wenn die Promotion aber davon abhängt, daß er bei SAP Geld für die Uni reinholt, ist das etwas ganz anderes.
Und letztlich wirft das auch wieder ein ganz schlechtes Licht auf die 200-Millionen-Spende von Ex-SAPler Hans-Werner Hector.
Was macht man nun damit?
Ich hätte gerade Lust, dagegen nochmal Strafanzeige zu erstatten. Vor einem Jahr noch war klar, daß die Staatsanwaltschaft Karlsruhe gegen kriminelle Professoren niemals ernsthaft ermittelt, weil das alles CDU-gesteuert war, und die CDU ja selbst Urheber dieser Korruptionssuppe ist. In Hessen sieht das nicht besser aus, und in Sachsen haben sie auch weitgehend das Sagen.
Inzwischen ist in Baden-Württemberg aber Rot-Grün dran. Die sind zwar auch korrupt, aber anders korrupt. Könnte sein, daß in den Staatsanwaltschaften jetzt der Wind in eine geringfügig andere Richtung weht. Man könnte es ausprobieren.
4 Kommentare (RSS-Feed)
Verstehe ich das richtig? Die Uni entwickelt Zeugs mit Mitteln der DFG, und statt das der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen, wird es dann nochmal für 50% der DFG-Mittel an SAP verscheuert?
Müsste man diese Zuwendung eines Dritten für den gleichen Förderzweck nicht der DFG mitteilen? Und würde das normalerweise nicht irgendwie angerechnet?
Was sagt der Bundesrechnungshof dazu?
So hört sich das für mich an, ja.
SAP kommt billig an Entwicklungsleistung, die Profs stecken sich die Taschen voll (weil die Drittmittel sich ja auch auf die privaten Bezüge durchschlagen), die Doktoranden gehen anschaffen und der Steuerzahler zahlt’s.
Mich wundert, dass die DFG sowas überhaupt fördert. Als ich noch bei Fraunhofer (bis 2004) arbeitete hieß es immer, dass wir (FHG) keine DFG Förderung bekommen könnten, da die DFG nur Grundlagenforschung fördere und keine anwendungsorientierte Forschung wie sie seitens Fraunhofer betrieben wird. Aber evtl. haben die ja inzwischen ihre Statuten geändert.
Dagegen, dass im Rahmen von gemeinsamen F&E Projekten SAP mit ihren eigenen Forschungseinrichtungen zusammen mit Hochschulen kooperieren ist ja eigentlich nicht einzuwenden. Wenn damit gewährleistet wird, dass Forschungergebnisse schneller verwertet werden, so hat dies sogar einen recht positiven Effekt. Auch sehe ich kein Problem darin, wenn Doktoranden zeitweise mal in einer privatwirtschaftlichen F&E Abteilung arbeiten.
Wenn aber, wie in diesem Fall SAP 50% der Kosten an die Hochschulen zahlt, so frage ich mich, ob hier nicht einfach Wettbewerbsverzerrung vorliegt.
ja,
mach das. ich bin ganz gespannt was passiert.
lg, klonderer