Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Licht und Schatten

Hadmut Danisch
25.11.2011 23:42

Notizen und Anmerkungen zu Tag 1 der Tagung „Plagiate, Wissenschaftsethik und geistiges Eigentum” in Bayreuth.

Ich war heute bei der besagten Tagung, bei der es ja um Fehlverhalten im Allgemeinen und Plagiate im Besonderen gehen soll. Manches hat mir gefallen, manches gar nicht. Hier ein Auszug aus meinen Handnotizen (nicht zu allem was, daher unvollständig).

Grundtendenz

Ich hatte ja kürzlich schon zu einer Veranstaltung in München geschrieben, daß mir die Grundtendenz, mit der Universitäten mit dem Problem umgehen, nicht gefällt und daß ich die Gefahr sehe, daß sie das verharmlosen und alles beibehalten wollen (Guttenberg – Na, und? Weiter so!). Und daß man es als Problem von unten herauf hinstellen will, obwohl der Fisch vom Kopfe herab stinkt. Einige der Vortragenden bestätigten meine Befürchtungen, aber es waren auch positive Ausnahmen dabei.

Professor Dr. Rüdiger Bormann (Präsident Uni Bayreuth)

Naja, was man zu Eröffnungsgrußworten halt so sagt. Hatte etwas den Fall zu Guttenberg angeschnitten.

Sagte aber etwas, was ich für den Elementarfehler und den Schlüssel zum Verständnis halte: Er sagte, das „Ansehen der Wissenschaft stehe auf dem Spiel”.

Nein, Herr Präsident, nicht deren Ansehen, sondern die Wissenschaftlichkeit selbst steht auf dem Spiel. Das ist was ganz anderes. Das kann sogar das Gegenteil und die Ursache des Problems sein. Denn weil sie versuchen, das Ansehen zu retten, wird zuviel unter den Teppich gekehrt und abgewiegelt. Um Wissenschaftlichkeit zu retten, muß aber alles ans Licht, und dazu kann sogar gehören, das eigene Ansehen zu opfern.

Das ist also der falsche Ansatz. Man sollte sich eben nicht nur auf sein Ansehen konzentrieren, sondern eben auch mal Wissenschaft machen und ihr Priorität einräumen.

Professor Dr. Ansgar Ohly (Uni Bayreuth)

Sagte zur Eröffnung, es dürfe und solle hier keine Tabus geben. Netter Ansatz. Für meinen Geschmack gab es heute aber zuviel Tabus, und auf manche bin ich gestoßen.

Professor Dr. Thomas Dreier (Uni Karlsruhe)

hielt eine der Eröffnungsreden und steht für das Zentrum für Angewandte Rechtswissenschaft, das hier zusammen mit dem Graduiertenkolleg „Geistiges Eigentum und Gemeinfreiheit” als Veranstalter auftrat. An sich unauffällig.

Von Dreier halte ich persönlich aber nicht viel, und ich halte es für verfehlt, daß da gerade jemand wie er von der Karlsruher Informatik-Fakultät unter dem Label „Wissenschaftsethik” auftritt. Das halte ich für Heuchelei. (Ich will jetzt nicht schon wieder die ollen Kamellen aufwärmen, worüber sich ja schon Leute beschwert haben, aber ich muß es zur eigenen rechtlichen Absicherung tun. Wenn ich jemanden kritisiere und mich gegen Unterlassungsklagen usw. wappnen will, dann muß ich nachvollziehbar dazuschreibe, worauf meine Entschätzung beruht, was der eigentliche Grund ist, warum ich die Vorgänge hier so häufig erwähne, denn da hatte ich schon Ärger und das ausführliche Begründen hat mir da die stärkere Position verschafft. Alle Vorgänge sind in Adele und die Fledermaus erwähnt. Dreier war am Rande in die Bewertung meiner Dissertation involviert, und er war das Bindeglied zwischen der Karlsruher Fakultät und der DGRI – Deutsche Gesellschaft für Recht und Informatik – als die wegen der damaligen E-Mail-Sperre als Sachverständige vor dem Bundestag geladen war und deren Vertreterin dort fälschlich behauptete, ich hätte die Universität angegriffen, weil sie nicht wußte, daß ich hinter ihr saß. Die DGRI hatte das damals geleugnet es gesagt zu haben, bis das Wortprotokoll des Bundestags erschien, in dem es stand. Es zurückgenommen oder sich gar entschuldigt haben Dreier und die DGRI es nie, weshalb ich das als vorsätzliche Desinformationskampagne einstufe (zumal solche Falschinformationen von der Fakultät in verschiedene Richtungen gestreut wurden, was ja kein Zufall mehr sein kann). Dazu kommt, daß Dreier zwar Datenschutz und Internet-Recht lehrt, aber an der Internet-Sperre damals nichts rechtswidriges fand, obwohl sogar Mail zwischen ihm und mir betroffen war. Das paßt in meinen Augen nicht zusammen. Wer das nicht merkt, daß solche E-Mail-Filter grob rechtswidrig sind, der sollte nicht als Jura-Professor IT-Recht lehren (dürfen). Und schon gar nicht in Sachen Wissenschaftsethik auftreten.

Professor Dr. Peter Sloterdijk (Karlsruhe)

Der große berühmte Peter Sloterdijk, der Wissenschaftspromi, der der Sache Glanz verleihen sollte. Ich hatte noch nie einen seiner Vorträge gehört.

Diesen Vortrag heute fand ich grottenschlecht. Nach meinem Empfinden ist der nicht nur als Redner eine Katastrophe, sondern ich habe es geradezu als Frechheit und Unhöflichkeit empfunden, was der da abgeliefert hat.

Der stellte sich ans Pult und las über 45 Minuten nur einen vorgefertigten Text als Monolog ab, guckte so gut wie nie ins Publikum. Man hätte auch die Putzfrau den Text vorlesen lassen können. Ohne Pause, ohne Luft zu holen, ohne Denkgelegenheit zu lassen. Im Prinzip so ein Plätscherredner, nur daß er zwei bis dreimal so schnell wie ein normaler Redner redete, um sein Manuskript herunterzuspulen. Ich hatte den Eindruck, er hatte versucht, einen 90-Minuten-Vortrag in 45 zuhalten.

Dazu kommt, daß der Vortrag nicht in Rede-Deutsch, sondern in Geisteswissenschaftler-Schriftdeutsch gehalten wurde, Wortakrobatik mit Schachtel- und Nebensätzen und vielen Fremdworten. Und das im Schweinsgalopp durchgeprügelt. Ich hatte ernsthaft das Problem, daß ich das zwar verbal verstanden habe, aber erstens nicht mit- und durchdenken und auf Sinnhaftigkeit prüfen konnte (vielleicht ja auch gar nicht sollte) und ich mich von seinem Redeschwall regelrecht plattgewalzt fühlte. Der stand da vorne und war sich in seinem Monolog selbst genug, so ungefähr das geistig-philosophische Analogon eines, der sich auf die Bühne stellt und masturbiert. Oder einfach eine unerwünschte Pflichtübung runterspult. Ich weiß nicht, ob er das nun für sich oder für gar niemanden gemacht hat, aber für das Publikum wohl nicht. Sind auch diverse Leute eingenickt oder haben zumindest einen glasigen Blick bekommen.

Möglicherweise steckte Überlegung dahinter, denn im dritten Teil seines Vortrages sagte er durchaus witzige und interessante Sachen über die Doppeldeutigkeit des Begriffs „Scheinerwerb” im Studium oder die Lawine von wissenschaftlichen Publikationen, die gar nicht mehr dafür gedacht sind, von irgendjemandem noch gelesen zu werden, sondern geschrieben werden um nicht mehr gelesen zu werden, weshalb man heute (in Anspielung auf die Plagiatserkennungssoftware) die Werke nur noch von „elektronischen Lesemaschinen” lesen läßt. Ich habe mich während seines Vortrags gefragt, ob er den als Anspielung darauf überhaupt noch hält, damit man zuhört, oder ob er ihn hält, damit er nicht gehört wird, nur zum Sprechen.

Ein anderer Philosophieprofessor, mit dem ich mich danach darüber unterhielt, sagte, daß das bei denen allgemein so üblich ist, solche Vorträge zu halten. Ist wohl Teil des Geschäftes, sie so zu halten, damit man nicht drüber nachdenken kann, weil das zu riskant wäre, wenn die Leute das nachprüfen. Eine ganze Fachrichtung als inszenierter Schwindel durch Über-den-Haufen-Reden der Zuhörer? (Diesen Eindruck hatte ich bei den Philosophen ja schon öfters, daß deren primäre Fähigkeit im Blenden und Überrumpeln durch Sprache liegt.) Scheint irgendwo auch eine Sache der Gewöhnung und der niedrigen Ansprüche zu sein. Nachdem zwischendurch tatsächlich mal ein paar Leute lachten, schienen ihm einige folgen zu können. Ich konnte es nicht bzw. nur stellenweise. Ich kam mir wirklich über den Haufen geredet vor. Vielleicht haben sich andere aber auch nur einfach nicht daran gestört, daß er da unzusammenhängende Vortragsteile verwendete, die mir irgendwie recycelt vorkamen. Vielleicht waren die anderen Leute im Publikum intelligenter und schneller als ich. Vielleicht aber auch nur anspruchsloser.

Sloterdijk sprach über die „Einsamkeit der nie gelesenen Texte, die zur Unzeit von einem realen Leser überrascht würden” und darüber, daß man Texten (bzw. deren Autoren) die nur für den impliziten Nichtleser angeboten werden, die reale Lektüre androhen müsse.

Damit hat er durchaus Recht, aber vielleicht sollte man ihm mal androhen, daß man ihm zu 100% zuhört (etwa indem man es elektronisch aufzeichnet und mit einem Drittel der Geschwindigkeit abspielt, sozusagen durch eine elektronische Zuhörmaschine dreht).

Fazit: Sloterdijk wird – gemessen an seinem heutigen Vortrag – überbewertet. Den müßte man mal richtig auseinandernehmen und schauen, wieviel dann noch übrig bleibt.

Nachtrag: Die Sueddeutsche war ganz begeistert von dem Vortrag.

Professor Dr. Paul Rösch (Bayreuth)

Der (Naturwissenschaftler) hielt einen richtig guten Vortrag. Über die Geschichte der Fälschung und des Schwindels, brauchte interessante historische Beispiele, nützliche Taxonomien. Etwa die, daß man wissenschaftliche Fehler in vier Kategorien einteilen kann, nämlich

  1. Dynamik des Wissens: Es ist einfach der Wissenschaft immanent, daß sie der steten Veränderung unterliegt und man etwas für richtig hält, was sich später als falsch herausstellt oder was man einfach nicht mehr richtig hält.
  2. Der Irrtum: Kommt eben vor, gehört zum Leben und zur Wissenschaft
  3. Schlechte Wissenschaft: Methodische Fehler, schlechte Ausbildung, vermeidbar
  4. Betrug

Er sagte auch etwas dazu, wie die Reihenfolge der Autoren auf Veröffentlichungen zu deuten und zu interpretieren ist, und wie da allein schon mit der Reihenfolge der Autoren manipuliert wird (oh ja, kenne ich gut).

Auch interessant fand ich seinen Vergleich, daß man zu Guttenberg gerade mit einer Buße von 20.000 Euro davonkommen ließ, die Arbeitszeit, die die Uni Bayreuth in der Sache aufwenden mußte, von ihm aber auf 24.309 Euro hochgerechnet wurde, zu Guttenberg also nicht mal so viel zahlen mußte, wie das Prozedere an der Uni gekostet hat, zumal die Aufdeckungsarbeit selbst sogar von Externen zugeliefert wurde.

Den Vortrag fand ich sehr gut, und es war aus meiner Sicht auch der beste heute.

Professor Dr. Volker Rieble (München)

Auch ein sehr guter und hochinteressanter Vortrag, meine Notizen sind mir aber etwas zerstückelt und lückenhaft geraten, weil ich ihm so gebannt zuhörte (das ist immer das Dilemma: schreibt man was mit, verpaßt man vieles und die Zusammenhänge. Schreibt man nicht mit, fällt es einem hinterher nicht mehr ein.)

Da war etwa der Fall, in dem der Professor die Dissertation nicht selbst bewertete, sondern seinen Habilitanden damit beauftragte. Die Habil kam aber vor der Diss raus und enthielt gleiche Textstücke. Obwohl alles danach aussah, als habe der Habilitand vom Doktoranden abgeschrieben, wurde der Vorwurf des Plagiates gegenüber dem (wohl unschuldigen) Doktoranden erhoben, der sich nicht wehren konnte. Natürlich immer auf die Schwächsten.

Hier wurde dann auch (was ich für sehr wichtig halte) Wert darauf gelegt, daß die wissenschaftlichen Missetaten nicht – wie es immer so gerne hingestellt wird – nur von Studenten und Doktoranden, sondern auch von Hochschullehrern begangen werden, nur daß denen dabei (bei uns) nichts passiert. In anderen Ländern müssen ertappte Autoren beispielsweise ihre Artikel zurückziehen. In Deutschland nicht.

Den Beruf hab ich übrigens verfehlt: Ghostwriter hätt ich werden sollen. Die bekommen für eine Dissertation rund 30.000 Euro – und schaffen etwa zehn pro Jahr.

Professor Dr. Wolfgang Löwer (Bonn)

Ein Jura-Professor, der viel über Grundrechte und die fehlenden Rechtsgrundlagen für Maßnahmen gegen Missetäter erzählte, und beispielsweise rügte, daß man in Nordrhein-Westfalen armen Studis für Plagiatshandlungen Bußgelder bis zu 50.000 Euro gesetzlich androhe, während man Professoren da völlig ungeschoren davon kommen ließe. Oder daß Hochschulrecht kein Strafrecht vorsehe. Er erzählte über die Kommissionen zur Untersuchung von Wissenschaftlichem Fehlverhalten, und daß man in deren Verfahrensordnung doch reinschreiben möge, daß die einem Täter die Mittel kürzen sollten, damit es auch für Professoren ein Mittel der Sanktionierung gebe.

Mmmh. Ist doch eigentlich alles genau nach meinem Geschmack, im Prinzip meine Positionen, müßte doch ein toller Vortrag in meinem Sinne sein. So klang es auch.

Irgendwie juckt mich da aber meine Warndrüse. (Man könnte auch sagen, daß ich eine Narbe habe, seit mich – Ihr wißt schon wer – erledigen wollte, die mich immer warnt, wenn da was Böses naht.) Irgendwie erschien mir das unglaubwürdig, was der erzählte. Ich hatte so unterschwellig den latenten Eindruck, daß der deshalb vorschlägt, den Universitäten eigene Sanktionsmittel gegen Professoren zu geben, die sich auf die Reduktion von Drittmitteln (also nichts, was den Täter dann persönlich trifft, denn Drittmittel sind ja nicht seine eigenen Gelder) weil da vielleicht schlimmeres droht. Nicht auszudenken, wenn NRW auf die Idee käme, die Bußgelder auch auf Professoren auszudehnen. Irgendwie hatte ich den Eindruck daß es da darum ging, das Unabwendbare wenigstens in kontrollierte Bahnen und ins wenig Schmerzhafte zu lenken.

Als Fragen aus dem Publikum zugelassen wurde habe ich zunächst darauf hingewiesen, daß das mit den Untersuchungskommissionen gar nicht funktioniert und dann mit Hinweis auf Art. 12 I und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von 1991, wonach die Anforderungen und Bewertungsmaßstäbe in berufsbezogenen Prüfungen einer gesetzlichen Grundlage bedürfen, die der Gesetzgeber nicht delegieren kann. Eine solche Grundlage gäbe es aber in keinem Bundesland. Worin, so meine Frage, denn überhaupt die Rechtsgrundlage für Promotionsverfahren an deutschen Universitäten läge.

Hoppla. Seine Reaktion fiel heftig aus. Erst unterstellte er mir einen polemischen Unterton. Wie bitte!? Der hält als Jura-Professor einen Vortrag über fehlende Rechtsgrundlagen (für Sanktionen), aber wenn ich (mit Hinweis auf Verfassung und Rechtsprechung BVerfG) nach der Grundlage für das Prüfungsverfahren selbst frage, soll das polemisch sein? (Leser meiner Blogs wissen, daß ich mich auch mit den Rabulistik-Techniken befasse, die besonders an Universitäten üblich sind. Wer die falsche Frage stellt, wird sofort persönlich angegriffen und herabgewertet. Gleich mit dem ersten Halbsatz und dem darin enthaltenen Vorwurf „Trotz Ihres polemischen Untertons…” hat der mich vom Podium herunter vor dem gesamten Publikum auf emotionaler Ebene entwertet, ohne daß er das irgendwie begründete. Wenn man sich aber mit sowas befaßt hat, erkennt man solche Tricks sofort. Und Leute, die sich solcher dreckiger Rabulistik-Methoden bedienen, sind mir suspekt und wecken meinen Jagdinstinkt erst recht.)

Der zweite Teil seiner Antwort war eine systematische Fehlinformation und wieder eine der dreckigeren Rabulistik-Techniken. Er behauptete einfach, Art. 12 I GG gelte nur für Berufseröffnungsprüfungen und die Promotion sei keine solche. Als Jura-Professor einfach so in den Raum gestellt, das kommt an beim Publikum.

Es stimmt nur gleich doppelt nicht. Erstens gilt das nach der Rechtsprechung des BVerfG eben gerade nicht nur für die harten Berufszugangsprüfungen, sondern auch für die, die sich auf das berufliche Fortkommen im Wettbewerb auswirken können, und nach einhelliger Rechtsprechung der Verwaltungsgericht auch für die Promotion. Zweitens ist die Promotion auch eine Berufszugangsprüfung. Mir hat man damals beispielsweise die Professur allein mit dem alleinigen Killerargument verweigert, daß mir die Promotion fehle und ich deshalb nicht berufen werden könne. Hab ich sogar vom Gericht. Also ist die Promotion sehr wohl auch eine Berufszugangsprüfung für die Professur.

Der Mann war aber offenbar sehr erpicht darauf, das Thema „Gesetzliche Regulierung der Promotion” sofort zu erden und kaputtzureden. Es wurde später auch von anderen (z. B. Professor Dr. Oliver Lepsius mal wieder in der Podiumsdiskussion) darauf abgehoben, daß man den Fakultäten keinesfalls die Autonomie bei den Promotionen nehmen dürfe.

Die wollen mit allen Mitteln verhindern, daß sie in ihrer Promotionswillkür begrenzt werden.

Und sowas auf einer Tagung über Wissenschaftsethik…

Und sonst?

Ja, dann gab es noch einen interessanten Vortrag von Nicholas Bamforth über die Erfahrungen von Oxford, da hab ich mir aber – weiß nicht, warum – nichts wesentliches notiert und auch nicht so richtig zugehört. Irgendwann läßt die Konzentration halt auch etwas nach.

Dann gab es noch eine Podiumsdiskussion, von der ich mir jetzt auch keine wesentlichen Knaller mehr aufgeschrieben habe, außer eben die oben schon erwähnte Sichtweise von Lepsius, wonach man die Autonomie der Hochschulen bei Promotionen auf keinen Fall beschneiden dürfe. Was ich für sehr unseriös halte, denn gerade diese Willkür halte ich für die Ursache des Übels und der Korruption. Und wie schon gesagt sehe ich das so wie das Bundesverfassungsgericht 1991, daß nämlich Prüfungen in Anforderungen und Maßstäben einer gesetzlichen Grundlage bedürfen. Erstaunlich, wie schwer sich gerade Jura-Professoren damit tun, so etwas zu akzeptieren, obwohl sie es als Hochschullehrer selbst lehren können müßten und als Beamte auch auf diese Rechtsprechung verpflichtet sind.

6 Kommentare (RSS-Feed)

ano
26.11.2011 10:44
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Danke für die Zusammenfassung!
Deine Beschreibung des Vortrags von Sloterdijk kann ich mir sehr gut vorstellen.
kleine Korrektur: Dreier “lehrt” kein Datenschutzrecht. Internetrecht


Hadmut Danisch
26.11.2011 10:58
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Ich habe aber die von seinem Institut angebotene und die von seinem Mitarbeiter gehaltene Datenschutzvorlesung selbst gehört…


Thomas Wagner
26.11.2011 13:24
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Zu Sloterdijk habe ich einen schönen Kommentar, eigentlich aus der Zeit, leider lässt er sich online nicht finden, als Quelle hier zu finden: http://exportabel.wordpress.com/2011/10/21/godard-uber-sloterdijk-endlich-sagt%C2%B4s-mal-jemand/

„Wenn man an Freud oder Bergson denkt und dann auf jemanden stößt wie dieser Slo…, wie heißt er doch? Diesen Sloterdijk. Er kann nicht schreiben, was ihn aber nicht davon abhält, ein Buch nach dem anderen zu publizieren.“

Jean-Luc Godard in der Zeit vom 6. Oktober 2011, S. 52.


Sally Field
27.11.2011 12:20
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Als Langzeitstudentin der GW, Hauptfach Philosophie habe ich zufällig diesen Blog entdeckt und bin positiv überrascht. Dass sich jemand öffentlich “traut” Kritik an dem Zustand der Universitäten zu äußern und sogar noch die persönlichen Eindrücke über renommierte Vortragende public macht, finde ich toll: es ist ein Indiz dafür, dass der persönliche Eindruck zur Bewertung von Sachständen, Zuständen, politischen Geschehen und Meinungen herangezogen wird. Eine Uni ist mit nichten ein luftleerer, unpersönlicher Raum, in dem nur sterile Fachidioten sich ein Stelldichein bieten. Doch habe ich gerade auch in der Philosophie verstärkt dieses Klima angetroffen. Eine Trennung zwischen persönlichem, privatem und allgemeingültigem Urteil wurde nicht vorgenommen, sondern es wurden pauschale, globale Statements über die Welt abgelassen, bis hin zum “Totalverriss einer einzelnen Person.” Wenn Titelbesitz dann Verlust an “Menschlichkeit” bedeutet,hält man nicht nur persönlich das System tatsächlich für “dekadent,” sondern auch als allgemeingültige Aussage!


genova
27.11.2011 12:36
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Vielleicht interessieren euch ein paar andere Artikel zu Sloterdijk:

http://exportabel.wordpress.com/?s=sloterdijk

Grüße
genova


KL
29.11.2011 18:45
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“Diesen Eindruck hatte ich bei den Philosophen ja schon öfters, daß deren primäre Fähigkeit im Blenden und Überrumpeln durch Sprache liegt.”

Nur eine Bemerkung: es gibt Philosophen und Philosophen. Die Universitäts-Philosophen stehen heute im Krieg um Stellen, Mittel, Karriere und müssen das, was einmal Philosophieren war – das öffentliche, ungeschützte, gewagte, fehleranfällige, tastende Nachdenken – durch etwas wie Redekrieg ersetzen. Die Beobachtung, daß niemand zum Nachdenken kommen soll, ist recht gut. Diese Profiphilosophen müssen den ‘Gegener’ in Grund und Boden diskutieren, um als ‘Sieger’ auf dem Platz zu bleiben: markant, bemerkenswert, einprägsam fürs Gedächtnis der Leute, die über Stellen, Mittel, Karriere entscheiden könnten. Das machen sie natürlich auch vor Laien, denn wenn denn mal einer eine Frage stellte, die ans Eingemachte geht (Laien stellen manchmal fürchterlich riskante Fragen ;-), könnte man sich ja blamieren. Die lieben Kolegen hätten das sofort registriert. Darum diese Pseudophilosophie. Bitte nicht verwechseln.
Das Phänomen ist übrigens alt, die ersten, die so handelten, gingen als “Die Sophisten” in die Geschichte ein. Immerhin war ihr Auftreten die Provokation für die Anstrengung von Platon und Aristoteles, nicht mehr zu vergessen. Kleiner Witz am Rande: Sokrates wurde als ein Sophist angesehen. So nahe liegt das Echte beim Falschen.