Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Kritik am Gender-Mainstreaming

Hadmut Danisch
9.1.2012 15:10

Ein Leser weist mich gerade auf einen lesenswerten Artikel über den Geschlechter-Wahnsinn an deutschen Universitäten auf streitbar.eu hin. Eine Anmerkung dazu.

Ein paar Stellen möchte ich direkt zitieren:

Im deutschen Wissenschaftsbetrieb hat sich Gender Mainstreaming zur Alles beherrschenden Ideologie ausgewachsen: Keine Stelle wird besetzt, kein Forschungsantrag gestellt, kein Rechenschaftsbericht erstellt, ohne dass die Kriterien des Gender Mainstreamings daran angelegt würden. Dies hat zu einem Anpassungsprozess geführt, bei dem die betroffenen Wissenschaftler den Anforderungsprofilen entweder aus Überzeugung oder aus Pragmatismus Rechnung tragen. Inhaltlich und methodisch wird dabei Forschung zumeist nur simuliert. Problematisch unter wissenschaftsethischen Grundsätzen ist, dass es sich um eine Theorie handelt, die in hohem Maße an die individuellen Selbsterfahrungen ihrer Vertreter gekoppelt ist. Dabei wird jeder Position, die aus einer abweichenden Perspektive argumentiert, die Geltung abgesprochen.[…]

Das ideologische Konzept des Gender Mainstreaming einschließlich der zu seiner Umsetzung postulierten Maßnahmen wurde mittlerweile sowohl in die Förderpläne der Hochschulen als auch in die Rahmenrichtlinien der Forschungsorganisationen aufgenommen und in verbindlicher Form festgelegt.[…]

Eine Ablehnung des Gender Mainstreaming als Konzept wird gleichgesetzt mit einem Verprellen der Frauen als Wählergruppe und gilt als politischer Selbstmord. Aufbauend auf die Strukturen der Familien- und Frauenpolitik hat sich mit Gender Mainstreaming ein parteiübergreifendes ideologisches Konzept etabliert, mit dem Politiker, Funktionäre und Bürokraten in aktiver und hierarchischer Form alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens reformieren wollen.[…]

So hat die DFG auf ihrer Mitgliederversammlung am 2. Juli 2008 einen Fünfjahresplan verabschiedet, der unter dem Titel „Forschungsorientierte Gleichstellungsstandards“ am 8. August 2008 veröffentlicht wurde8. Das Strategiepapier der DFG geht davon aus, dass „Gleichstellung sich auf die Qualität der Forschung auswirkt, da Talente aus einer größeren Grundgesamtheit geschöpft werden können, eine Vielzahl von Forschungsperspektiven gefördert wird (Diversity) und die blinden Flecken zur Bedeutung von Gender in den Forschungsinhalten und -methoden beseitigt werden können.“ Zu dieser auch von den Medien gebetsmühlenartig wiederholten These muss die Frage erlaubt sein, ob nicht umgekehrt durch eine starre Festlegung bestimmter Anteilsquoten gerade nicht aus dem größtmöglichen Talentpool geschöpft wird.[…]

Vor diesem Hintergrund kann man sich fragen, wer eigentlich vom System des Gender Mainstreaming an den deutschen Hochschulen profitiert? Das sind zum einen natürlich die zahlreichen Frauenbeauftragten und ihre Mitarbeiterinnen. Soweit diese hauptamtlich tätig sind, baut ihre berufliche Existenz darauf auf. Hauptberufliche Frauenbeauftragte sind in der Regel nicht oder nicht mehr wissenschaftlich tätig. Sie sind gleichsam Funktionärinnen und Lobbyistinnen der Frauenpolitik, festangestellte Ideologinnen, die ihre berufliche Selbstbestätigung ausschließlich über Erfolge des von ihnen vertretenen Konzepts erfahren können. Auf der Ebene der nicht hauptberuflichen Frauenbeauftragten liegt der Vorteil in dem mit der Position verbundenen zum Teil erheblichen Machtzuwachs im universitären Gefüge.

Das erscheint mir als Aussage plausibel und zutreffend, aber in der Sache natürlich bedenklich.

Eine Besetzung von Stellen muß – nicht nur von Verfassung, sondern auch von Wissenschafts wegen – nach einer Bestenauslese erfolgen. Leider gab es im bundesdeutschen Hochschulwesen nie eine Bestenauslese, sondern nur einen Korruptionssumpf aus Beziehungen, Seilschaften, Gegenseitigkeiten und Interessen. Von einem Ausschöpfen des Talentpools konnte an den deutschen Universitäten noch nie die Rede sein. Eine Frauenquote verbessert das aber in keiner Weise, sondern institutionalisiert das Abweichen von der Bestenauslese. Korruption wird durch eine formale Sonderform der Korruption ersetzt und damit zum System erhoben.

Insofern müssen sich die Verfechterinnen der Frauenquote die Frage gefallen lassen, ob nicht gerade im Vertreten der Frauenquote und im Ausüben des Amtes der Frauenbeauftragten der Beweis liegen könnte, daß Frauen im Allgemeinen zur wissenschaftlichen Arbeit nicht befähigt sind, da eine Quotierung an Stelle einer Bestenauslese per se wissenschaftlicher Denkweise widerspricht. Ich habe schon länger den Eindruck, daß die Behauptung, die männliche Vormachtstellung zu brechen um Frauen auch den Zugang zur Wissenschaft zu eröffnen nur ein Vorwand ist, und es in Wirklichkeit darum geht, Wissenschaftlichkeit an sich zu brechen, um auch wissenschaftlich unveranlagten Frauen den Zugang zu universitären Geld- und Machttöpfen sowie gesellschaftlicher Stellung zu eröffnen.

Zu beobachten ist, daß Frauenbeauftragte in vielen Fällen tatsächlich überhaupt keinen Bezug zur Wissenschaftlichkeit oder auch zum verfassungsmäßigen Gebot der Bestenauslese haben, sondern eher eine Kontrollfunktion wie ein Polit-Offizier im Kommunismus ausüben. Denn schließlich und letztendlich üben sie ja keine andere Funktion aus, als politische Interessen in die Entscheidungsgremien hineinzutragen und durchzusetzen. Auffällig ist, daß bei vielen Frauenbeauftragten die fachliche geringe Befähigung und eine erhebliche Ideologisierung mit einer faktischen Unkündbarkeit und meist völlig fehlenden Leistungs- und Befähigungsanforderungen einhergehen, also den idealen „Posten” darstellen.

14 Kommentare (RSS-Feed)

Sylvia
9.1.2012 20:46
Kommentarlink

Ich will jetzt keine Lanze für Quotenregelungen brechen, denn ich bin selbst kein Fan davon.

Jedoch gibt es zwei interessante Studien (links hab ich gerade nicht parat) zum Thema Bestenauslese/subjektive Bewertungen:

In Frankreich hat man Blindbewerbungen gemacht (also Geschlecht, Alter, Herkunft etc. aus der Bewerbung herausgenommen) und dann festgestellt, dass im Vergleich zu vorher z.B. weniger Migranten eingestellt wurden.
Das heißt der Arbeitgeber hatte in dem Fall eine “positive Diskriminierung” und legte nicht die gleichen harten Maßstäbe an.

In Norwegen, wo man 2008 die Frauenquote für Führungsetagen eingeführt hat, hat man dann mal eine Untersuchung der Beweber gemacht und festgestellt, dass die Frauen, die genommen wurden tatsächlich *besser* qualifiziert waren als ihre männlichen Konkurrenten.
Zu dem Phänomen gibt es auch mehrere Studien, die zu dem Ergebnis kamen, dass Männer bei gleicher Leistung (z.B. Bewertung eines identischen Textes mal mit weiblichen o. männlichen Autor) automatisch als kompetenter eingeschätzt werden als Frauen.

D.h. die Bestenauslese kann auf Grund ihrer Subjektivität/Bias der Kommissionen durchaus dazu führen, dass Frauen (oder auch Ausländer) benachteiligt werden. Quoten sind da sicherlich nicht, dass adäquate Mittel um dort entgegenzuwirken, aber ne Quote zu fordern ist natürlich viel leichter und weniger Aufwand.

Ansonten zum letzten Absatz: ich finde es nicht schlecht, da jemand neutrales in so ner Kommission drin zu haben (Wobei natürlich gewährleistet sein msus, dass die tatsächlich halbwegs neutral ist). Denn so etwas wie “die hat Kinder die zieht bestimmt nich hierher” oder “der hat nur noch xy Jahre bis zur Rente, der will doch nur hier ne ruhige Kugel schieben” (erlebte Sätze) sind jetzt keine Argumente, die wirklich relevant für eine Bestenauslese sind, sondern erst mal Vorurteile. Da kann es durchaus gut sein, eine auf dem Gebiet geschulte Person dabeizuhaben.

Ich weiss nicht, wie es an anderen Universitäten geregelt ist, aber bei uns haben Gleichstellungsbeauftragte nur eine beratende/beobachtende Tätigkeit, weshalb ich diese Horrormeldungen über das Frauenbeauftragtentum immer etwas übertrieben finde.

Am Ende schreiben bei uns die ehrenamtlichen Gleichstellungsbeauftragten einen Bericht, dass man Frauen oder Behinderte anhand tatsächlich bestenauslesenrelevanter Kriterien aussortiert hat und dass die Gründe jetzt nicht nur vorgeschoben sind.
Das ist am Ende mehr so eine Art Veto, dass im Zweifel dafür sorgt, dass sich das Verfahren genauer angeschaut wird, aber ich glaube nicht, dass der Einfluss der Gleichstellungsbeauftragten da wirklich so groß ist.

Am Ende hat Bestenauslese natürlich auch immer einen kleinen Nachteil, nämlich dass es ein System ist, dass diejenigen mit den besten Startchancen bevorzugt. Da man ja meist nicht wirklich weiss, wer der oder die Beste ist, sondern Indikatoren benutzt, die in sich ja durchaus einen Bias haben können.
(wenn z.B. rein hypothetisch Doktorandinnen etwas mehr Wert auf qualitativ hochwertigere Vorlesungen legen, die Kerle aber nur das Minimum machen und die freie Zeit in Forschung investieren, dann sollte das ja erstmal keinen Unterschied machen, sieht man die Mehrarbeit in der Lehre meist nicht in der Bewerbung reflektiert. Es wird geschaut ob man schon angemessen viele Vorlesungen gehalten hat und auch mal überprüft ob die Lehrevaluationen nich katastrophal sind (so man sie denn zu sehen bekommt). 30-45 Minuten Lehre schauspielern kriegen die meisten aber hin. Da nach meiner Berufungserfahrung Lehre aber im Zweifel weniger wichtig ist, wären die Frauen tendenziell benachteiligt. )
Man kann sich sicherlich tausend solcher kleinen Diskriminierungsszenarien ausdenken, die nervige Sorte der Genderfeministen hat dann gern die Quote als Lösung parat, mit dem Gedanken, dass bei gleicher Geschlechterverteilung die Diskriminierung aufhört.

Noch zu: “Ich habe schon länger den Eindruck, daß die Behauptung, die männliche Vormachtstellung zu brechen um Frauen auch den Zugang zur Wissenschaft zu eröffnen nur ein Vorwand ist, und es in Wirklichkeit darum geht, Wissenschaftlichkeit an sich zu brechen, um auch wissenschaftlich unveranlagten Frauen den Zugang zu universitären Geld- und Machttöpfen sowie gesellschaftlicher Stellung zu eröffnen. ”

Das halte ich für eine seeehr schwierige Aussage. Ich glaube nicht, dass Frauen grundsätzlich weniger für Wissenschaft geeignet sind, sondern dass sowohl das Universitätssystem als auch allgemeine Erziehung insgesamt dazu führen, dass sie sich seltener darauf einlassen.

Kinder und ein 60-Stunden-Job, wie er ja zumindest im medialen Bild transportiert wird, lassen sich z.B. für Frauen schlechter vereinbaren, da man Kinder als Frau tendenziell nur bis zu einem begrenzten Alter bekommen kann.

Es gab auch eine Studie darüber, dass wenn gewisse Sachen (z.B. Mathe können) als männlich asoziiert werden, Mädchen weibliche Komponenten ihrer Persönlichkeit herabstufen, d.h. eine Spezialisierung in Richtung eines eher typisch männlichen Berufs wie z.B. Professor schlimmer noch Physikprofessor mit einer teilweisen Aufgabe der eigenen Persönlichkeit verbunden ist. Ähnliches trifft sicherlich auch auf Männer und z.B. Erziehungsberufe zu, macht diese aber vll für ein Geschlecht attraktiver als für andere.
Die Antwort der Genderleute ist hier meist auch Quote, denn bei 30-50% Frauen fällt diese Assoziation vielleicht weg.

Worauf ich im Prinzip hinaus will: Die Gleichstellungsbeauftragten mögen nutzlos oder ideologisch geprägt sein, aber zu glauben, dass an Universitäten alles gleichberechtigt zugeht ist glaub ich eher illusorisch.


Einerseits ist in dem Artikel wahrscheinlich viel Wahres, und ich stimme auch Sylvia zu. Andererseits gibt es an Unis, genauso wie in so mancher Bürokratie, etliche solcher merkwürdigen Auswüchse, wo Dinge zu einem Selbstzweck geworden sind und nichts mehr mit der Realität zu tun haben, das sollte man nicht vergessen.

Man will immer absolute Gerechtigkeit und Chancengleichheit erreichen, und verliert dabei das eigentliche Ziel aus den Augen. Das erinnert mich an die Fabel mit dem Fuchs, der anbietet, eine Wurst gerecht zu teilen, und die Hälften so lange zurechtstutzt, bis nichts mehr übrig ist.


Alexander
10.1.2012 19:45
Kommentarlink

“In Norwegen, wo man 2008 die Frauenquote für Führungsetagen eingeführt hat, hat man dann mal eine Untersuchung der Beweber gemacht und festgestellt, dass die Frauen, die genommen wurden tatsächlich *besser* qualifiziert waren als ihre männlichen Konkurrenten.”

Das ist natürlich sehr aufschlußreich, zeigt es doch deutlich, dass es in Norwegen eine Diskriminierung der Männer durch das Bildungssystem gibt. Da wäre schon interessant zu wissen, inwiefern Norwegen da gegensteuert.


Sylvia
11.1.2012 12:38
Kommentarlink

@Alexander wieso folgt daraus, dass Männer im Bildungssystem diskriminiert werden?


hans
13.1.2012 10:12
Kommentarlink

Wenn die Frauen besser waren als ihre Konkurrenten, braucht es keine Quote, das ist bullshit. Erst einmal die Studien liefern, und nicht irgendwas hier behaupten, dann kann man sich die Studien ansehen, berücksichtigen von wem sie kommen, wer sie gesponsort hat und dann sehen wir weiter. Lächerliche linke Propaganda hier.


Sylvia
13.1.2012 12:18
Kommentarlink

@hans Wenn es ausreichend qualifizierte Frauen gab (anzunehmen, da die “Quotenfrauen” ja plötzlich besser qualifiziert waren) muss man sich ja die Frage stellen, wieso diese nicht eingestellt wurden.

Das mag Männerklüngel oder auch ungerechtfertigtes mangelndes Vertrauen in die Frauen trotz ausreichender Qualifikation gewesen sein oder natürlich auch, dass sie sich einfach nicht beworben haben.

Wenn es also genug qualifizierte Frauen gibt um in kurzer Zeit die Quote zu erfüllen, muss man sich fragen, wieso es vorher nicht geklappt hat bzw. warum die Firmen weniger Frauen eingestellt haben und wieso es erst denn Druck von außen brauchte, damit es passiert.

Studie hier zu finden:
http://de.wikipedia.org/wiki/Frauenquote#Quote_und_Qualifikation
http://de.wikipedia.org/wiki/Frauenquote#cite_note-47


Alex
14.1.2012 9:11
Kommentarlink

@Sylvia
Deinen Ansatz finde ich verfehlt. Du denkst in Kollektiven: Eine ganze (große) Gruppe, “die Frauen”, kann doch nicht besser oder schlechter qualifiziert sein als eine andere große Gruppe, “die Männer”. Fähigkeiten und Qualifikationen sind individuell. Ein einzelner Mensch (ein Individuum) kann besser oder schlechter qualifiziert sein als ein anderer einzelner Mensch (ein Individuum). Man sollte Menschen nach ihren individuellen Qualifikationen und nicht nach ihrer Gruppenzugehörigkeit beurteilen und einstellen. Dazu hat auf der genannten Seite “streitbar.eu” Gérard Bökenkamp einen interessanten Artikel “Frauenpolitik in der Kollektivismusfalle” geschrieben:
http://www.streitbar.eu/aufsatz_boekenkamp2.html
Versuchen wir uns doch endlich vom Denken in Kollektiven (Geschlecht, Nation, Rasse, Klasse), das so viel Unheil angerichtet hat, zu lösen!
“Männerklüngel”, “ungerechtfertigtes mangelndes Vertrauen in die Frauen”, “gläserne Decke” sind empirisch nicht nachgewiesen, also brauchen wir darüber nicht zu diskutieren.
” …, dass sie sich einfach nicht beworben haben” – selber schuld! Frauen sind doch keine Kinder, die man an der Hand führen muss. Was für ein Verständnis vom eigenen Geschlecht und von Dir selbst hast du denn? – offensichtlich ein “ungerechtfertigtes mangelndes Vertrauen in die Frauen” und in Dich selbst!


Sylvia
14.1.2012 16:54
Kommentarlink

@Alex

deine persönlichen Angriffe kannst du dir sparen.

Wie erklärst du dir denn dann, das ausreichend qualifizierte Frauen ohne Druck auf die Unternehmen nicht eingestellt wurden?
Ansonsten habe ich nicht gesagt, dass es die Gläsernen Decken existieren oder ähnliches. Du musst schon lesen, was da steht. Ansonsten ist nicht das Kollektiv “die Frauen” besser qualifiziert gewesen, sondern die Untermenge der Bewerberinnen besser als die Bewerber.

Die Menge der Aufsichtsrats- und Chefetagenposten um die es bei der Bewerbung ging ist sozusagen erst mal begrenzt und da kann die Summe der Individuen die zufälllug Frau sind schon besser qualifizeirt sein als die Männer.

Außerdem kann die Summe der Individualerscheinungen systematischen Charakter haben.

Wenn eine Lehrerin z.B. Jungs mit dem Namen Kevin konsequent schlechter bewertet is das erst mal ne Individualentscheidung – vielleicht hat Kevin das ja auch verdient. Wenn dann aber über viele Schulen hinweg viele Lehrer die Kevins und Chantalles und Jaquelines und Hassans oder Mohammeds schlechter bewerten so scheint das System einen gewissen Bias zu haben, den es zu erforschen und notfalls zu beseitigen gilt.

Ich kann die Schuld nicht immer auf das Individuum schieben, wenn nicht jedes Individuum die gleichen Voraussetzungen hat. Und genau das ist doch das was mich stutzig macht: ich weiss nicht, warum vorher keine oder kaum Frauen eingestellt wurden -ob nun Gläserne Decke oder Männerklüngel oder egal welche Erklärung – aber das plötzlich nach der Einführung der Quote die Bewerberinnen im Schnitt besser waren als die Bewerber, ist zumindest ein Indiz dafür, dass die “es gibt ja keine guten Frauen”-Ausrede nur eine Ausrede ist.
Genauso wie, dass es vorher wahrscheinlich einen Mechanismus gegeben haben muss, der die männlichen Bewerber (über deren Qualifikation wir leider nichts wissen) bevorzugt hat.

Nun kann es sein, dass alle früheren Bewerber tatsächlich besser qualifiziert waren und die Frauen sozusagen nur deswegen besser waren, weil der Pool der noch besser qualifizierten Männer ausgeschöpft war bzw. sich gar nicht beworben hatte.

Das sind Argumente über die wir gerne reden können, aber eine Reduktion auf Individualerscheinungen ist mir hier zu einfach.

Wenn in Afrika ganze Industiren zusammenbrechen sagst du doch bestimmt auch nicht, dort muss es ja ganz viele schlechte Geschäftsführer gegeben haben, sondern überlegst ob die Subvention europäscher Waren dazugeführt hat, dass die einheimische Industrie den Preiskampf verloren hat.


Alex_EinAnderer
15.1.2012 22:16
Kommentarlink

Die einfachste Erklärung dass bisher wesentlich weniger Frauen eingestellt wurden – die auch immer wieder gegeben wird – ist, dass wesentlich mehr qualifizierte männliche als weibliche Bewerber bisher vorhanden waren.
Finde ich durchaus glaubhaft und naheliegend. Qualifizierte Frauen wachsen nunmal nicht auf den Bäumen, das ist nunmal bei uns eine historische Entwicklung.
Und die Qualifizierung für das gesuchte braucht auch viele Jahre bis sie erst durchschlagen kann. Gibt es also bis zu näherer Vergangenheit auch nichts verwunderliches an wenig Frauen.
Wenn wir das mal zeitlich durchgehen, und zB die Stelle eines Profs anschauen, dann wird eine solche Stelle für ca 30 Jahre besetzt.
Angenommen bis vor 15 Jahren gab es keine qualifizierten weiblichen Bewerber für Prof.Stellen, dann könnte man – ohne unfairer Quote – unter Annahme dass “Qualifikation gleich verteilt wäre, nicht erwarten, dass mehr als 25% der Stellen weiblich besetzt wären.
Wenn man nun aber noch hinzunimmt, dass die Studentenzahlen in vielen Fächern eben nicht 50/50 verteilt sind wäre zu erwarten, dass das momentane Stellenverhältnis sogar noch weiter verschoben von 75/25 ist.

Dass _nun_ die weiblichen Bewerber besser als die männlichen Mitbewerber waren, dafür sehe ich drei mögliche Gründe:
1) Diskriminierung der Männer in Schule/ Uni
2) Verschobene Bewertungskriterien
3) Einfach eine falsche/ geschönte Aussage (mit der Intention Quoten “schmackhafter” zu machen womöglich)


Alex
16.1.2012 10:10
Kommentarlink

@Sylvia
Die Diskussion mit Dir ist nicht einfach, weil Du immer kollektivistisch denkst. Wenn man sich auf Deine Argumente einlässt, muss man dann ebenfalls kollektivistisch denken, was ich ungerne tue, und zwar aus historischen Gründen (siehe meinen letzten Kommentar) und aus gerechtigskeitstheoretischen Gründen. Dabei bezweifle ich nicht, dass es Gruppenzugehörigkeiten und Gruppenidentitäten gibt. Mir geht es im Zusammenhang mit der Frage nach der Gerechtigkeit um die folgende Forderung: Menschen sollten einzig und alleine nach ihren individuellen Qualifikationen eingestellt werden (was nota bene auch vom Grundgesetz, Artikel 3, Absatz 3, gefordert wird). Das ist meines Erachtens viel gerechter, als Menschen nach ihrer Gruppenzugehörigkeit (Geschlecht, Hautfarbe, Nationalität, sexuelle Orientierung usw.) zu beurteilen und einzustellen. In einem Einstellungsverfahren sollten die Qualifikationen eines Indiviuums mit den Qualifikationen eines anderen Individuums oder anderer Individuen verglichen werden. Warum sollte dabei der Rekurs auf die Gruppenzugehörigkeit überhaupt wichtig sein?
Die von Dir zitierte Studie kenne ich nicht. Mir ist nur aufgefallen, dass Du sie blind akzeptierst und überhaupt nicht kritisch hinterfragst. Bekannt ist mir die sog. Kinsey-Studie”, der zufolge ein hoher Frauenanteil im Management mehr Erfolg für die Firma bedeutet. Abgesehen davon, dass diese Studie in Kooperation mit dem feministischen “Women´s Forum of the Economy & Society” durchgeführt wurde, also von Neutralität hier keine Rede sein kann, wurde sie vielfach kritisiert, u.a. darin, dass kein “kausaler Zusammenhang” zwischen Frauenanteil und wirtschaftlichem Erfolg der Firma aufgezeigt wurde. Darüber hinaus belegen andere Studien genau das Gegenteil: Hoher Frauenanteil führt nicht zum größeren Erfolg, siehe z.B. hier:
http://www.telegraph.co.uk/finance/jobs/5984656/Womans-work-is-never-done-as-profitably-as-mans.html
Problematisch ist, dass so umstrittene Studien wie die “Kinsey-Studie” dazu instrumentalisiert weden, Politik zu machen, also z.B. die Forderung nach einer Frauenquote zu unterstützen.


Sylvia
16.1.2012 13:49
Kommentarlink

@Alex

Wir diskutieren hier doch unter der Prämisse dass Geschlechtergleichverteilung erreicht werden soll/gut ist. Ob das wirklich gut oder schlecht oder sinnvoll ist führt ja zu einer Grundsatzdebatte die noch weiter weg vom Thema führt.
Zu dem Thema kenne ich nämlich kaum Studien und halte mich dann eher an die 75/25-Argumentation vom anderen Alex.

Worauf ich doch die ganze Zeit hinaus will ist das individuelle Qualifikation subjektiv ist. Siehe z.B. Spon zu fiktiven Bewerbern deren einziger Unterschied ein ausländisch klingender Name ist: http://www.spiegel.de/unispiegel/jobundberuf/0,1518,676649,00.html

Das sich der Effekt vermutlich nicht nur auf Ausländer beschränkt finde ich jetzt nicht weit hergeholt.

Das ist doch das Problem an deiner Argumentation -es wird nicht auf Grund individueller objektiver Qualifikation eingestellt, einfach weil die Personaler auch Menschen mit Vorurteilen sind, weil wir in einer Welt mit Vorurteilen leben.

Du könntest jetzt bestimmt hingehen und jeden einzelnen der Personaler fragen und jeder wird einen Grund haben wieso am Ende Tobias besser war auch wenn es objektiv nicht so ist.
Das kannst du nun gern als Summe von Einzelentscheidungen abtun oder halt auch mal kollektivistisch betrachten und dich fragen ob es nicht doch ein gesellschaftliches Problem ist. Aus rechtlicher Gleichstellung folgt halt nicht immer gleich gesellschaftliche Gleichstellung.

Wenn wir dann soweit sind das es vielleicht doch ein Problem ist, können wir auch über die Lösung diskutieren. Die heißt dann gerne Quote, ist mir aber das falsche Mittel weil es oft eine rechtliche Besserstellung beinhaltet. D.h. aber nicht, dass keine Maßnahmen ergriffen werden sollten, wie ein gerechteres Schulsystem, KiTa-Ausbau und Verminderung der finanziellen Nachteile durch Geburt o. Kinderbetreuung, Schulung von Personalern etc. pp. – was auch immer halt hilft.


Alex
17.1.2012 8:42
Kommentarlink

@Sylvia
“… es wird nicht auf Grund individueller objektiver Qualifikation eingestellt, einfach weil die Personaler auch Menschen mit Vorurteilen sind, weil wir in einer Welt mit Vorurteilen leben.” Leider ist es in vielen Fällen so. Aber gerade deswegen sollten wir an dem Aufbau eines Systems arbeiten, in dem nur die individuelle Qualifikation zählen würde und nicht Vorurteile, Klischees, Gruppenzugehörigkeiten usw. Wir sollten an dem Aufbau eines solchen Systems arbeiten, anstatt Quoten einzuführen, die bestimmte Gruppen rechtlich besser stellen.
“D.h. aber nicht, dass keine Maßnahmen ergriffen werden sollten, wie ein gerechteres Schulsystem, KiTa-Ausbau und Verminderung der finanziellen Nachteile durch Geburt o. Kinderbetreuuung, Schulung von Personalern ect. pp. – was auch immer halt hilft.” Genau so ist es.
Dazu kann ich einen sehr interessanten Artikel empfehlen, in dem der Autor ebenfalls dafür plädiert, die von Dir genannten Maßnahmen zu ergreifen, sich aber gegen Quoten ausspricht:
http://www.freitag.de/community/blogs/guenterbuchholz/von-der-frauenemanzipation-zur-frauenprivilegierung–


quarc
17.1.2012 20:58
Kommentarlink

Wenn in einer Institution (z.B. einer Universität) über Generationen hinweg
eine bestimmte Gruppe der Bevölkerung (z.B. Männer) gegenüber einer anderen
Gruppe (z.B. Frauen) vorherrschen, ist die Frage durchaus berechtigt, ob die
hierbei gewachsenen vermeintlich objektiven Kriterien zur Rekrutierung nicht
hiervon wesentlich beeinflusst sind. In diesem Fall würde sich eine Bevorzugung
der dominanten Gruppe, ganz ohne böse Absicht, weiter selbst reproduzieren.
Hier *kann* z.B. eine Frauenquote durchaus Abhilfe schaffen, sofern sie
flexibel gestaltet ist (also das Gruppenverhältnis auf verschiedenen Ebenen
der Hierarchie berücksichtigt) und mit einer kritischen Evaluierung der
Rekrutierungskriterien einhergeht.

Das dumme ist nur, dass dies gar nicht mehr geschieht. Stattdessen ist die
“Genderei” zu einem System von Seilschaften und Begünstigung geworden, dass
den bereits vorhandenen hinzugefügt wird. Oder wie Jutta Ditfurth es treffend
formuliert hat, es ist zu “einem Förderprogramm für Bürgersfrauen” verkommen.

Wenn man den eingangs genannten Ansatz ernst nähme, müsste man ihn übrigens
auch auf andere Unterscheidungsmerkmale anwenden: zum Beispiel auf Hautfarbe
oder soziale Herkunft. Da wird es aber schnell still und von “Gleichstellung”
für diese Gruppen ist nicht mehr die Rede. Schließlich hat man diesen Bereich
mit der Umbenennung von “Frauenbeauftragte” zu “Gleichstellungsbeauftragte”
auch gleich sprachlich ursupiert — vermutlich mit Absicht.

Das Hauptproblem ist auch nicht die Existenz von Gleichstellungsbeauftragen
(ein wenig Ballast kann eine Universität schon vertragen ohne zu sinken),
sondern ihre Position im heutigen Universitätsgefüge: die universitätsweite
Gleichstellungsbeauftragte wird von den Frauen der Hochschule gewählt und ist
niemandem sonst gegenüber rechenschafts- oder begründungspflichtig.
Sie ist aber in ihrer Mitwirkung nicht auf gleichstellungsrelevante Bereiche
beschränkt, sondern darf grundsätzlich bei *allen* Fragen mitreden und ist, je
nach Grundordnung, der Hochschulleitung zugeordnet. Die inneruniversitäre
Mitbestimung wurde vielerorts geschleift, und damit sind die Hochschulleitungen
nunmehr machtvolle Befehlszentralen (Stichwort “unternehmerische Hochschule”).
Dementsprechend unangreifbar ist die Position der Gleichstellungsbeauftragten.

Mal ein Beispiel aus der Praxis: mir ist ein Fall an einer TU bekannt, in dem
die Hochschulleitung über den Antrag eines Professors auf Einstellung eines
wissenschaftlichen Mitarbeiters zu befinden hatte und sich die universitäre
Gleichstellungsbeauftragte gegen die Einstellung ausgesprochen hatte. Gründe
hierfür sind nicht überliefert; Bewerbungen von Frauen waren weit und breit
nicht vorhanden und die Befähigung des Mitarbeiters in spe stand außer Frage.
Die Hochschulleitung lehnte den Antrag ohne weitere Begründung ab, die Stelle
blieb unbesetzt. Die Dynamik der Entscheidung war klar: die Hochschulleitung
konnte davon ausgehen, dass man dem betroffenen Professor zukünftig nur noch
selten begegnen würde (er machte statt Drittmitteleinwerbung nur Forschung
und Lehre, hatte also keine große Hausmacht), der Gleichstellungsbeauftragten
jedoch andauernd. Letztere war also im Sinne eines reibungslosen Ablaufs der
Geschäfte wichtiger.

Wer nun neugierig ist und auf den Seiten des Gleichstellungsbüros stöbert,
kann sich dort dann über Zwangsheirat und Genitalverstümmelung informieren.
Das sind sicher wichtige Themen, aber ich wage die Behauptung, dass z.B.
Genitalverstümmelung auf dem Campus einer westdeutschen Universität doch eher
von nachrangiger Bedutung ist, und stattdessen z.B. “date rape” wesentlich
relevanter ist. Wie soll man diese Auswahl nun deuten? Ist die Dame eine
Vertreterin der verrohten sarrazinierten neuen deutschen Mittelschicht?
Schleppt sie ihre privaten Ängste in ihre Arbeit ein? Oder reitet sie bloß
auf einer Modewelle, weil ihr sonst zu dem Thema gar nichts eingefallen wäre?

Der abgelehnte Bewerber hatte übrigens nordafrikanische Vorfahren und sah
dementsprechend aus. Das braucht nichts bedeuten. Muss man aber nunmehr doch
befürchten, dass er der Gleichstellungsbeauftragten nicht blond genug war?
Die Frau sitzt zwar für die Grünen im Stadtrat (@Hadmut: und sie trägt auch
Hosenanzüge :-), aber auch jemand aus dem “linken” politischen Spektrum ist
nicht automatisch von rassistischen Ängsten und Vorurteilen frei — es fällt
dort nur schwerer, sich diese einzugestehen.

Natürlich hat auch die Gleichstellungsbeauftragte ein Recht auf ihre Ansichten
(auch wenn es unprofessionell wirkt, diese in die Arbeit enizuschleppen). Das
eigentliche Problem ist aber ein universitäres Umfeld, in dem Entscheidungen
nicht mehr begründen zu werden brauchen, in dem es kaum klaren Kriterien gibt,
und daher mangels solcher Kriterien auch sachfremde Ängste und Vorurteile an
die Oberfläche kommen.


Alex
22.1.2012 10:01
Kommentarlink

@quarc
“Wenn in einer Institution (z.B. einer Universität) über Generationen hinweg eine bestimmte Gruppe der Bevölkerung (z.B. Männer) gegenüber einer anderen Gruppe (z.B. Frauen) vorherrschen, ist die Frage durchaus berechtigt, ob die hierbei gewachsenen vermeintlich objektiven Kriterien zur Rekrutierung nicht hiervon wesentlich beeinflusst sind.”
Aber warum sollen denn diese “Kriterien zur Rekurierung” (man spricht hier auch von “Strukturen”) “männlich” sein? Mir ist noch nie ein Wissenschaftler begegnet, der seine wissenschaftliche Forschung ALS Mann bzw. als Repräsentant seines Geschlecht, des Kollektivs “die Männer”, betrieben hätte. Oder glaubst Du wirklich, dass z.B. Albert Einstein seine “Relativitätstheorie” ALS Mann bzw. als Repräsentant seines Geschlechts aufgestellt hat und auch sonst in der Wissenschaft ALS Mann gewirkt hat? Wohl kaum. Nur die Gender-Theorie reduziert die gesamte soziale Realität auf Geschlechterverhältnisse. Aber warum sollten wir dieser genderischen Interpretation der Realität und der Wissenschaft folgen?