Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Doktoranden wüten gegen Stipendien

Hadmut Danisch
28.3.2012 16:13

Liest sich auf den ersten Blick widersinnig, denn eigentlich ist ein Stipendium doch – gefühlt – eine tolle, begehrenswerte Sache.

Wird einem aber erst mal klar, daß das vermeintliche „Geschenk” eines Stipendiums nur ein fauler Trick der Max-Planck-Gesellschaft ist, um sich um ein normales Arbeitsverhältnis mit Sozialabgaben, Arbeitgeberpflichten usw. zu drücken und die Doktoranden als noch billigere Arbeitssklaven zu bekommen, sieht das schon ganz anders aus. Dann ist das plötzlich ein Umgehungsgeschäft für das Angestelltenverhältnis und damit eigentlich Unterschlagen der Sozialabgaben.

Im Prinzip liegt da eine Scheinselbständigkeit vor, und sogar unter dem Anschein der Selbständigkeit könnte das auf Einkommens- und Umsatzsteuerhinterziehung hinauslaufen. Würde man sowas als normaler Arbeitgeber machen, käme man dafür in den Knast. Hätten wir in Deutschland brauchbare und politisch unabhängige Staatsanwaltschaften, müßte man denen das glatt mal stecken.

3 Kommentare (RSS-Feed)

Steffen
28.3.2012 16:45
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Na sowas. Zum Thema ausgebeuteter Mittelbau hatte ich erst gestern abend ein Gespräch mit jemandem, der seine Promotion (in der experimentellen Halbleiterphysik) vor einiger Zeit abgebrochen hatte und in die Wirtschaft geflüchtet ist.

Seine Geschichte scheint mir inzwischen der Normalfall zu sein, denn solche Vorfälle häufen sich massiv. Von seinem Prof aggressiv in eine Promotion reingedrängt, mit Märchengeschichten wie daß man ohne Promotion keinerlei Chance mehr auf dem Arbeitsmarkt hätte. Zwei Jahre hat er auf einer halben Stelle mit 60+ Stunden gerackert. Bis er per Zufall eines Tages mitgekriegt hatte, daß sein Prof aufgrund diverser ‘Beratertätigkeiten’ und Pöstchen in diversen Gremien Nebeneinkünfte von (keine Lüge) einer *Million* Euro in einem Jahr hatte. Die ganzen Doktoranden des Instituts aber an der ganz kurzen Leine in de facto Sklaverei gehalten wurden. Wie es in dem Spiegel-Artikel heisst, die Institute als kleine Fürstentümer, wo keiner sich traut gegen Herrn Sonnenkönig aufzumucken, weil von seinem Wohlwollen ja die angeblich so superwichtige Promotion abhängt.

Er ist jetzt seit einigen Jahren in der Wirtschaft, und versicherte mir daß der Abbruch der Promotion die mit Abstand beste Entscheidung seines Lebens war.


Hadmut Danisch
28.3.2012 16:49
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Naja, so ähnlich ging’s mir ja auch. Ich bin ja auch permanent angelogen und vertröstet worden, und einen richtigen Vertrag hab ich auch erst bekommen, als ich die Jahresverträge einfach mal nicht mehr unterschrieben habe.

Urlaub wurde auch nur auf dem Papier eingetragen, aber vorausgesetzt, daß man da ist. Ich bin damals angewiesen worden, falsche Urlaubsanträge abzugeben, damit der Prof keinen Ärger bekommt. Ich bin sogar damals heftig angeraunzt worden, weil ich während meines Urlaubs (!) erst um 10.00 Uhr ins Institut kam (und trotzdem mindestens volle 8 Stunden gearbeitet habe).


Wenn man an einem Institut ist, wo die Arbeitsbedingungen gut sind, kann ein Stipendium auch Vorteile haben, nämlich mehr Freiheit. Keine festen Arbeitszeiten, keine Urlaubsanträge ausfüllen, der Arbeitgeber hat weniger Druckmittel als bei einem Arbeitsvertrag. Aber finanziell ist ein Stipendium unattraktiver als eine normale Stelle, das stimmt; gerade akzeptabel, wenn es der genannte Maximalbetrag von 1365 EUR ist, ansonsten nicht.

Überhaupt führt der Begriff “Stipendium” zu Missverständnissen. Ich habe immer gedacht, das sei eine seltene Belohnung für die Begabten; irgendwann merkt man dann, dass der ganze Forschungsbetrieb zum großen Teil aus Förderungen, Stipendien etc. besteht und gar keine reguläre Finanzierung hat. Anders als der Laie denkt sind Stipendien und Fördergelder ganz alltäglich für jeden (ausdrücklich nicht nur die besten), ebenso das Betteln darum.