Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Rauchende Professoren

Hadmut Danisch
30.3.2012 23:12

Nochmal ne schräge Frage:

Als ich damals Hiwi und Mitarbeiter an der Uni Karlsruhe war, sind die Informatiker gerade in ihren damals „modernen” Neubau gezogen.

Der war leider nur „modern” und nicht modern, denn aufgrund der Inkompetenz mancher Professoren war der Grundriss mancher Institute völlig verkorkst, und aufgrund der grenzenlosen Inkompetenz der Univerwaltung das Gebäude schon beim Bau infrastrukturmäßig veraltet. Anstatt eine Kategorie-X-Verkabelung einzuziehen, die damals schon Stand der Technik war, hatte man als einzige Datenverkabelung eines Informatik-Neubaus (!) einfache serielle Leitungen für RS232 mit DB-25-Steckern installiert, als ob man da noch mit VT100-Terminals am Mainframe arbeiten würde. Und in Kombination beider Inkompetenzen hatte man die Patchfelder nicht in die Mitte, sondern (jedenfalls an dem, an dem ich war) am äußersten Ende des Institutes installiert, womit die Kabellängen sehr lang wurden. Wir haben damals wüste Verkabelungen mit sogenannten TPAUs (Twisted Pair Access Unit) Adaptersteckern auf DB25-Verbinder, natürlich alles ungeschirmt, basteln und mit Repeatern/Hubs verdongeln müssen, um das wenigstens halbwegs hinzukriegen.

Ich könnte mich nicht erinnern, daß diese Gebäudeverkabelung auch nur ein einziges Mal so verwendet wurde, wie sie gedacht war, nämlich für serielle Übertragungen per Terminal (RS232). Schrott ab Neubau. Inkompetenz auch der damals angeblich besten deutschen Informatikfakultät. Schwerpunkt in Theorie und zu blöd, sich die eigene Gebäudeverkabelung auszusuchen.

Daß das Mist war, haben sie dann schon (!) vor der Fertigstellung des Gebäudes gemerkt und gemeint, das sei doch alles kein Problem, da würde man einfach nachträglich noch durch die Kabelschächte 10Base5-Kabel ziehen und gut wär’s. Erst als das Gebäude fertig war, merkte man, daß die Kabel nicht funktionieren. Weil man irgendwelche Starkstrom-Elektriker mit dem Verlegen beauftragt hatte, die davon keine Ahnung hatten (Datenverkabelung war damals im deutschen Handwerk noch unbekannt), und die die Kabel halt verlegt hatten wie gewöhnliche Stromkabel: Beim Einziehen in die Schächte hatten sie dran gezogen wie Ochsen, hatten sie über längere Strecken frei hängend und haben sie in irgendwelche engen Ecken geknickt. Sie dachten, die Kabel sind dick und hübsch gelb ummantelt, also müßten die auch was aushalten. 10Base5 basiert aber auf stehenden Wellen und die Kabel sind mechanisch nicht belastbar. Wenn man deren Mindestbiegeradien oder die Maximalzuglast nicht beachtet, funktionieren die einfach nicht mehr, weil schon Knicke oder leichte Längenänderungen deren Wellenverhalten stark verändern.

Wir haben dann damals auf eigene Faust und mit illegalen Bohrlöchern 10Base2 und AppleTalk-Kabel verlegen müssen, um überhaupt arbeiten zu können.

Viele Jahre später (kurz bevor ich die Uni verließ) kam dann irgendwer auf die Idee, daß man doch Modernität und Innovation beweisen müsse, indem man endlich mal eine ordentliche Datenverkabelung vornimmt, und man hat mit viel Aufwand und Geld Glasfaserverkabelung in die Zimmer verlegt, die man aber jedenfalls zu meiner Zeit nie in Gang bekommen hat. Unter anderem deshalb, weil es für die damals üblichen Desktop-Rechner und Betriebssysteme keine brauchbaren und bezahlbaren Karten für die Datenübertragung über Glasfaser gab. Mir ist übrigens seither trotz intensiver Industrietätigkeit, vielen Kunden von ganz klein bis ganz groß und Besuch vieler Rechenzentren kein einziges Gebäude untergekommen, in dem man die Arbeitsplätze per Glasfaser angebunden oder Arbeitsplatzrechner mit Glasfaser-Karten ausgestattet hätte. Alle Glasfaser-Verbindungen, die mir untergekommen sind, wurden innerhalb von Rechenzentren, im Rahmen der Netzwerktechnik zwischen den Switchen usw. oder zwischen Gebäuden verwendet. Für die Büroanbindung gab es früher noch Token-Ring und seit Jahren eigentlich nur noch Cat-5 (bzw. dessen Vorgänger und Nachfolger). Aber die Informatiker in Karlsruhe, die hatten Klingeldrähte für serielle Verbindungen mit DB25-Stecker. Hurra.

Aber immerhin hatte man damals ein ordentliches, sauberes, einheitliches, frisches, neues Gebäude, in dem die Türen (überwiegend, nicht alle, man konnte sich da leicht ausweglos einsperren, weil nicht mal die Fluchtwege funktionierten und geplant waren) funktionierten und die Fenster und das Dach dicht war, was für eine deutsche Universität ja nicht selbstverständlich war.

Lang währte die Freude jedoch nicht, denn was neu, frisch und sauber ist (und bleiben soll), darf man Wissenschaftlern, insbesondere Professoren, nicht ohne weiteres überlassen.

Es gab da nämlich so manche Professoren, deren vorrangige Diensttätigkeit der Drogenkonsum war, oder anders ausgedrückt, die gnaden-, pausen- und rücksichtslos rauchten. Wir hatten da im Institut einen, dessen Zimmer ich nicht nur nicht betreten, sondern bei dem ich schon beim Vorbeigehen an der geschlossenen Tür wegen des Schlitzes unterhalb der Tür die Luft anhalten mußte, um keinen Hustenanfall zu kriegen. Als Admin seine Rechner in Ordnung zu bringen habe ich verweigert, weil sie so voller Rückstände aus Rauch, Teer und Nikotin waren, daß sie nicht nur übelst gestunken haben, sondern so eine millimeterdicke, gelblich-braune, klebrige Schicht außen auf dem Gehäuse, aber auch innen auf Kabeln, Lüftern, in Laufwerken hatten. Die konnte man ernsthaft mit dem Eiskratzer vom Auto runterkratzen.

Ich kann mich erinnern, daß ich mal eine Vorlesung, die ich in einem der kleineren Semiarräume auf der Institutsetage gehalten habe, abbrechen mußte, weil es so bestialisch stank. Die Suche nach der Ursache ergab, daß in einem Nebenzimmer ein Professor mit seinem Assi saß und irgendetwas rauchte, das so stank, als wären es Schnipsel kleingeschnittener Autoreifen. Und weil das Gebäude zwar eine lausige Datenverkabelung, aber umlaufende großzügig-großvolumige Alu-Verkabelungsschienen hatte, die entgegen mir bekannter Brandschutzvorschriften nicht abgedichtet waren, zog der Rauch durch diese Kabelschienen auch in die Nachbarräume. Meine Bitte, das doch bleiben zu lassen, wurde abgewiesen. Ein Professor läßt sich doch von einem Mitarbeiter das Rauchen nicht verbieten. Wo kämen wir hin, wenn ein Beamter für das aus Steuergeldern bezahlte Material, was ihm anvertraut wird, auch verantwortlich wäre? (Komischerweise zog das Bundesverfassungsgericht neulich die angeblich so hohe Verantwortung von Professoren als Begründung heran, daß man deren Gehalt erhöhen müßte, sagte aber nicht, ob sie wie normale Beamten auch für das verantwortlich sind, was man ihnen hinstelllt.)

Wie auch immer, beide Professoren sind inzwischen emeritiert. Ihre Hinterlassenschaft ist weniger wissenschaftlicher Natur als eher in Form versiffter klebriger Räume.

Eigentlich sind die Büroräume, in denen diese Leute gehaust haben, nur noch Sondermüll, und müßten – immerhin gibt es ja auch Grenzwerte für Arbeitsplätze, aber wenn schon die Arbeitszeiten und Urlaubsansprüche von Mitarbeitern ignoriert werden, schert sich da auch keiner drum – komplett saniert, also bis auf den Rohbau herausgerissen und komplett neu ausgebaut werden.

Mir wäre nicht bekannt, daß man das getan hätte.

Es gab damals an der Uni Karlsruhe keine allgemeinen Rauchverbote, nur innerhalb der Hörsäle. An den Instituten waren die Professoren die Fürsten, die nach eigener Lust und Laune herrschten. Daß man, wie es heute in der Industrie Standard ist, zum Rauchen vor die Tür geht oder sonstwie auf Nichtraucher Rücksicht nimmt, war von Professoren damals genausowenig zu verlangen wie jede andere Sozialfähigkeit. Die haben sich benommen wie die Raubritter. Etwas so zu hinterlassen, daß andere es danach noch benutzen könnten, kam in deren Welt nicht vor. (Eine der ganz wenigen positiven Eigenschaften Beths und die einzige, die mir überhaupt zugute kam, war, daß er nicht nur Nichtraucher war, sondern Rauch überhaupt nicht ausstehen konnte und deshalb aggressiv dafür sorgte, daß unser Teil des Instituts rauchfrei blieb.)

Letztlich aber haben damit verschiedene Leute ihre Dienstpflichten verletzt. Die Universität hätte eigentlich durch ein Rauchverbot oder entsprechende Haftung dafür sorgen müssen, daß das Material erhalten wird. Entweder wird nicht geraucht, oder der Professor haftet bei Auszug für die Komplettsanierung.

Ich habe nie herausgefunden, wen man danach in die Räume gesetzt hat und wie es den Leuten dort ergangen ist. Wer sich beschwert oder geweigert hätte, hätte an einer deutschen Universität mit existenzgefährdenden Repressalien rechnen müssen. Da die öffentliche Verwaltung aber verpflichtet ist, kostensparend und treu vorzugehen, wozu auch das Einfordern von Schadensersatzansprüchen gehört, stellt sich durchaus die Frage, ob neben den Professoren als „Tätern” nicht auch die Universitätsverwaltung schuldhaft handelt, wenn sie bei Auszug eines Professors dessen Räume nicht darauf kontrolliert, ob sie in akzeptablem Zustand zurückgegeben werden, und ihm gegebenenfalls die Renovierungskosten in Rechnung stellt.

Wie läuft das heute so?

9 Kommentare (RSS-Feed)

Peter
31.3.2012 9:04
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Zu meiner Zeit als Student und Admin-Hilfskraft wurde der Serverraum einfach als Raucherraum mitbenutzt. Da durfte dann einfach jeder (!!!) rein und es wurden ständig die Fenster geöffnet. Ich hab mich da dann ein paar mal beim Chef beschwert aber den SHKs vertraut man zwar gerne die Arbeit an aber wenn die sich dann mal beschweren ist das egal 😉

Dass Server nicht so gerne in Rauchwolken stehen und das ständige Öffnen der Fenster die Klimaanlage auch mehr arbeiten lässt als nötig… naja das zahlt ja jemand anders.

Es hat sich erst etwas geändert als ich dem Prof dann mal vor Zeugen gesagt habe dass er sich mal absichern sollte falls bei den laxen Zugangsregeln mal sensible Daten (u.a. Patientendaten) flöten gehen würden. 😉


yasar
31.3.2012 13:04
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Wenn ich das so lese, werden Erinenrungen wach:

Als ich stundenlang in dem kleinen Häuschen, in dem das E.I.S.S. zuerst untergebracht war, die DB-25-Stecker zusammengelötet habe, und wo wir die 10base2 Kabel verlegt haben, um unser Netzwerk zu bekommen.

Schlimm war’s, als wir dann in das tolle neue Gebäude ziehen mußte und ich die DB25-Stecker auf Weisung von Beth wieder abzwicken mußte. Da blutete einem das Herz.

Immerhin – in dem kleinen Häuschen durften wir (viele “kleine Studenten”) damals selbst das Netzwerk planen und hochziehen und dementsprechend gut hat es funktioniert.


yasar
31.3.2012 13:05
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Ach, eines noch: Und das Gebäude war fast rauchfrei.


Hadmut Danisch
31.3.2012 14:38
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Ja, aber das war halt nur das kleine Häuschen an der Kaiserstraße für das ehemalige EISS. Ich meinte den Informatikneubau.


yasar
1.4.2012 14:39
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Ich weiß. Ich mußte halt nur dran denken, wie angenehm es vor dem Umzug war.


anonym
2.4.2012 9:30
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den Prof habe ich leider nie live gesehen, aber angeblich sollte er immer noch ein Zimmerchen im zweiten Stock des Informatikbaus haben. Ob das inzwischen geteert ist?


Boris
2.4.2012 11:11
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obwohl ich bis vor gut einem Jahr noch selber Raucher war, habe ich in den mehr als 15 Jahren nie am Arbeitsplatz geraucht. Zum einen mochte ich selber nicht in einem ständig verqualmten Raum sitzen zum anderen hätte ich es auch als äußerst unhöflich gegenüber den nicht rauchenden Kollegen empfunden. Auch in Gesellschaft in den früher noch nicht rauchfreien Gaststätten habe ich gefragt oder bin ggfs vor die Tür gegangen.

Ein so völlig egoistisches und uneinsichtiges Verhalten seitens rauchender Professoren wie oben geschildert fördert letztlich nur den Unmut und den Ruf nach immer noch strengeren Nichtrauchergesetzen und zu weiteren Verhärtung der Fronten. Leider verwechseln offenbar immer noch zu viele Amtsinhaber die ihnen zuerkannten Freiheiten und Möglichkeiten mit einem Privileg zur schlechten Kinderstube (übrigens nicht nur bei Rauchern).

Bzgl der verqualmter Büros:
Typischerweise gibt es einen neuen Anstrich und ggfs einen neuen Teppichboden ebenso wie in den meisten Mietwohnungen auch.
Angesichts aller möglichen Stoffe, angefangen vom Asbest der 70er bis hin zu Weichmachern und sonstigen Ausdünstungen verschiedener Kleber, Teppich- und PVC-Belägen etc. die man in öffentlichen Räumen vorfindet dürfte eine vollständige Kernsanierung aufgrund einer Geruchsbelästigung durch Nikotin unwahrscheinlich sein.

Bzgl der Haftung:
Solange kein allgemeines Rauchverbot auf dem Campus bestand, dürfte die Uni nur wenig Möglichkeiten zu Regressforderung haben. Selbst mit der Einführung eines solchen Verbots dürfte es arbeitsrechtlich schwierig sein, da ja niemand die Uni gezwungen hat einen rauchenden Mitarbeiter einzustellen und letzterer sich auf die Bedingungen zum Zeitpunkt seiner Einstellung berufen kann.


Hadmut Danisch
2.4.2012 11:17
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@Boris: Viele Professoren zelebrieren ihre Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen aber geradezu, weil sie ihre Machtposition als Statussymbol verstehen und kontinuierlich zeigen wollen, daß sie das sagen haben und ihnen da keiner kann. Rauchen ist tatsächlich nur ein Beispiel für viele Erscheinungsformen.

Büro: Das mit dem Anstreichen geht da nicht, weil es keine gestrichenen, sondern vertäfelte Wände sind. Da kann man nicht einfach mal eben mit dem Pinsel drübergehen.

Davon abgesehen hilft das auch in Mietwohnungen nicht. Die Wohnung eines Rauchers bekommt man mit einer normalen Renovierung oder Reinigung nie wieder sauber.

Und Du machst einen Denkfehler: Professoren sind nicht von der Uni eingestellt. Sie sind Landesbeamte. Jedenfalls die, von denen ich hier gesprochen habe. Damit hat es mit Arbeitsrecht gar nichts zu tun. Es hat was mit Beamtenpflichten zu tun und damit, daß sie Dienstausstattung beschädigen. Das ist was völlig anderes.


jbs
6.4.2012 22:53
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Ich glaube, ich habe mal im Krankenhaus statt RJ45 Glasfaserstecker gesehen. Bin mir aber nicht mehr sicher, ob die damit auch ihre PCs angeschlossen haben. Es war ein normales Behandlungszimmer ohne besondere Gerätschaften.