Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Mickymaus-Promotionen

Hadmut Danisch
8.5.2012 0:03

Ach, guck an. Ganz was neues. Die Uni Potsdam will von den „Mickymaus-Promotionen” weg. Der Begriff paßt. Und daß sie das in Potsdam nun abschaffen wollen, hat sicherlich seinen Grund.

Vielleicht ist der richtige Weg dazu, vorher die Mickymaus-Professuren abzuschaffen. Wenn ich mir überlege, was die dort gegen Stiftungsgeld so am Hasso-Plattner-Institut alles rumlaufen und auf Professor machen lassen…

17 Kommentare (RSS-Feed)

Erbloggtes
8.5.2012 2:59
Kommentarlink

Nein, lieber Herr Danisch, da muss ich widersprechen. Der Begriff der „Mickymaus-Promotionen” soll bloß die Doktoranden lächerlich machen und ihnen die persönliche Schuld an der verbreiteten Plagiatspraxis geben. Der fiese Günther, zu dem Sie sicher auch was sagen könnten, sieht wahrscheinlich keinen anderen Weg mehr, um sich selbst als krisenbewältigungsfähig zu verkaufen.

Auch Mickymaus-Professuren als Bedingung/Erklärung für Mickymaus-Promotionen greift noch zu kurz. Auch die Profs sind doch nur Auswüchse des Systems:
http://erbloggtes.wordpress.com/2012/05/07/plagiate-jenseits-personlicher-schuld-armutszeugnis-des-bildungssystems/

Ich schätze ja Ihren desillusionierenden Ton zur Wissenschaft. Aber das ständige Versagen auf persönliche Unzulänglichkeiten zu reduzieren, das ist eine geradezu antiaufklärerische Vereinfachung.


hansi
8.5.2012 9:26
Kommentarlink

“was die dort gegen Stiftungsgeld so am Hasso-Plattner-Institut alles rumlaufen und auf Professor machen lassen”

Und was heisst das konkret?

PS: Neues vom digitalen Radiergummi:
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Vergessen-im-Internet-Der-Radiergummi-laesst-gruessen-1569814.html


Mario
8.5.2012 10:53
Kommentarlink

@Erbloggtes: In der Tat hat Herr Danisch hier etwas stark vereinfacht.

Der Kern stimmt aber meines Erachtens trotzdem: Diejenigen Doktoranden, die nur auf den “Dr.” als Namenszusatz aus sind, aber in Wahrheit gar keine Leistung bringen wollen (und können), werden für unerwünscht erklärt.

Diejenigen Professoren, die bereits in der freien Wirtschaft gescheitert sind und die nun auch in ihrer Eigenschaft als Hochschullehrer didaktisch wie fachlich weiterhin versagen, sollen (und dürfen) aber keinesfalls angetastet werden. Davon gibt es aber an jeder Uni sehr viele. (Es unterstelle mir bitte niemand, ich hätte hier von einer “Mehrheit” geschrieben!)

Gleiches gilt für diejenigen Hochschullehrer (ob fähig oder nicht), die ihre Aufgabe nicht mehr in Forschung und Lehre, sondern im bloßen Einholen von Drittmitteln in der freien Wirtschaft und bei DFG und BRD/EU-Fördertöpfen oder im Gründen lustiger Firmen zur Vermarktung der eigenen Arbeitsergebnisse sehen.

All diese Professoren sind aber der Grund, warum wissenschaftliche Schlamperei oft nicht mehr auffällt oder sogar als normal angesehen wird. Ausgefegt werden muss überall: Bei opportunistischen Doktoranden , die die gegenwärtigen Zustände an Hochschulen ohne Leistung nur für ihren eigenen Ruf ausnutzen, aber auch bei den Professoren selber, die diese Zustände billigen.

Momentan ist es doch in der Tat so: Leistung zu erbringen haben nur Studenten und Doktoranden – Professoren sehen sich von Leistungs- und Fähigkeitsnachweisen weitestgehend befreit.


Milo
8.5.2012 12:42
Kommentarlink

“Gleiches gilt für diejenigen Hochschullehrer (ob fähig oder nicht), die ihre Aufgabe nicht mehr in Forschung und Lehre, sondern im bloßen Einholen von Drittmitteln in der freien Wirtschaft und bei DFG und BRD/EU-Fördertöpfen oder im Gründen lustiger Firmen zur Vermarktung der eigenen Arbeitsergebnisse sehen.”

Das greift zu kurz. Die Professoren werden systematisch dazu angehalten, Drittmittel einzuwerben. Das ist politisch so gewollt. Folglich schwitzen sie mehr über ihren Anträgen. Sie vernachlässigen Forschung und Lehre vor allem deswegen, weil sie ohne die Drittmittel an Mittelknappheit leiden. Außerdem gilt er als fauler oder schlechter Professor. Er muss Drittmittel einwerben, denn das ist das Finanzierungsmodell der Universitäten und es ist die Voraussetzung, als Professor einen guten Stand zu haben.

Wenn, dann versagt hier schlicht die Wissenschaftspolitik.


Thomas
8.5.2012 13:24
Kommentarlink

In Potsdam dürfen am Institut für Informatik Studenten ein Plagiat schreiben und werden als “Bestrafung” dafür im folgenden Semester wissentlich als Lehrkräfte zum Thema eingesetzt.


Mario
8.5.2012 13:49
Kommentarlink

Ja, OK, es greift in meiner Formulierung zu kurz.

Aber: Die Wissenschaftspolitik versagt überhaupt nicht, denn sie erreicht ja offenbar genau das, was sie will. Es sind schlicht zu wenige Professoren, die diesen Zustand offen bemängeln. Und die, die sich heute um neu ausgeschriebene Professuren bewerben, wissen sehr genau, worauf sie sich einlassen.

Deshalb haben einige den Ruf des faulen oder schlechten Professors: Einige wären ohne den derzeitigen Zustand nie an die Unis gegangen. Und bei diesen bleibe ich dabei: Das sind schlechte Professoren. Faul vielleicht nicht, aber mindestens opportunistisch – was ich gar nicht zum persönlichen Vorwurf erheben will, irgendwie ist das auch menschlich/verständlich.


Erbloggtes
8.5.2012 15:30
Kommentarlink

@Mario: Ich halte Ihr Posting für geprägt von einer übertriebenen Leistungsideologie. Missverstehen Sie das bitte nicht als persönlichen Anwurf. Aber zählen Sie mal, wie oft das Wort “Leistung” in Ihrem oberen Posting vorkommt.
Natürlich beruft man besser Leute, die gern Wissenschaft machen wollen, als Leute, die in der Wirtschaft keine Leistung gebracht haben und sich nun an der Uni Pfründe sichern wollen.
Aber die ganzen Leistungs”messungen” (die ja dann eingeworbene Drittmittel sehr hoch bewerten, nämlich erstens als Drittmittel und zweitens nochmal mit den damit erreichten Forschungsergebnissen/Publikationen/Promotionen u.ä.) sind ein völliger Irrweg für die Wissenschaft. Sie versuchen eine externe Motivation zu erzeugen (wiss. Leistung –> mehr Sold) und zerstören damit die intrinsische Motivation, die ja bei einigen Wissenschaftlern angeblich vorhanden ist. (Bei mir zum Beispiel, sag ich mal.)

Ich stimme Ihnen zu, dass Studenten, Doktoranden und Mitarbeiter (bis hin zum PD) unter dem Leistungsdruck mehr leiden als Professoren, die ja immerhin eine Lebenszeitstellung haben. Aber das kommt daher, dass die Professoren eben genau den Leistungsdruck effektiv nach unten weitergeben. Die Professoren nun stärker unter Druck zu setzen, damit der Druck auch bei ihnen ankommt, wird wozu führen? Dass mehr Druck unten ankommt.

@Thomas: als Lehrkräfte zum Thema Plagiat?


Mario
8.5.2012 17:08
Kommentarlink

@Erbloggtes: Ich verstehe das nicht als persönlichen Angriff, keine Sorge. Aber ich widerspreche Ihnen in einem Punkt: Auf dem Leistungsbegriff reiten Sie selber herum! In der Form, wie Sie ihn verwenden, habe ich ihn selber gar nicht verwendet.

Wir sind uns nämlich offenbar einig, dass die derzeitige Praxis und (angebliche) Leistungsmessung an Hochschulen kontraproduktiv ist.

Dennoch möchte ich nochmal betonen, dass ich gerade den von Ihnen verwendeten Leistungsbegriff nicht gemeint habe. Selbstverständlich muss ein Kandidat für eine Professur seine Eignung, und damit auch selber erbrachte wissenschaftliche Leistungen nachweisen. Und das ist mehr als ein beeindruckendes Konvolut aus überwiegend nutzlosen Veröffentlichungen (was heute aber gängige Praxis und allem Anschein nach wichtigstes Kriterium bei Berufungsverfahren ist). Die Leistung wird also nach falschen Kriterien gemessen.

Selbstverständlich muss ein Professor “im Amt” weiterhin Leistung erbringen: Und zwar sowohl als Forscher als auch als Lehrer. Und – es tut mir leid, es so polemisch auszudrücken – gerade als Lehrer versagen viele Professoren. Dazu sehe man sich nur die dank Internet einfach erreichbaren, didaktisch in vielen Fällen katastrophal aufgebauten Vorlesungsskripte beliebiger Fakultäten an.

Ein großer Teil der momentan im Amt befindlichen Professoren versagt schlicht und einfach! Dafür die politischen Umstände alleine verantwortlich zu machen, halte ich für ein Ausweichmanöver.

Ich habe sogar den Eindruck, und dass verstehen jetzt bitte Sie nicht als persönlichen Angriff, dass Sie selber Angst davor haben, dass vernünftige Kriterien zur Bewertung der Arbeit von Professoren (bzw. Wissenschaftlern im Allgemeinen) entwickelt und angewendet werden.

Die Berufung in ein öffentliches Amt setzt (völlig wertfrei) Eignung UND Leistung voraus! Die Überprüfung dessen darf aber nicht zu einer Alibiveranstaltung verkommen.


Guy Incognito
8.5.2012 21:23
Kommentarlink

> […] vernünftige Kriterien zur Bewertung der Arbeit von Professoren (bzw. Wissenschaftlern im Allgemeinen) […]

Gibt es solche messbaren Kriterien überhaupt? Gewöhnlich führt die Einführung einer Bewertungsskala zur Suboptimierung, z.B.
– Professoren sollen mehr forschen -> Papercount++ -> Qualität der Ergebnisse sinkt
– Uni soll mehr ausbilden -> Absolventenzahl++ -> Qualität der Lehre für den Einzelnen sinkt
– Software soll weniger Bugs enthalten -> Anzahl gefundener und gefixter Bugs++ -> Programmierer beschäftigen sich länger mit dem Bugtracker als mit dem Schreiben von Code


Erbloggtes
9.5.2012 1:21
Kommentarlink

Danke Guy Incognito.
Ich denke nicht, dass man die Leistung von Wissenschaftlern überhaupt sinnvoll messen kann. Insofern habe ich tatsächlich Angst vor dem Versuch.
Bei der Misere gebe ich Ihnen, Mario, durchaus recht.
Aber an Ihrem vorletzten Satz stören mich die meisten Worte: “öffentliches Amt”, “wertfrei”, “Eignung”, “Leistung”.

Dass der Staat Professoren bezahlt, halte ich für einen misslichen Zustand, der nicht ewig währt. Wertfreie Wissenschaft ist eine Chimäre – ein Grund, warum Leistung nicht wertfrei messbar ist. Es gibt auch keine Möglichkeit, die Eignung besser zu beurteilen als durch die Diskussion einer Gruppe anderer Wissenschaftler (dass die vielleicht nicht nach den besten Kriterien entscheiden, steht auf einem anderen Blatt). Und Leistung – naja, da will ich nicht weiter drauf herumreiten.


Thomas
9.5.2012 1:58
Kommentarlink

@Erbloggtes
Das Thema war die Programmierung von Sensornetzen unter TinyOS. In dem Kurs in dem der Student zum Einsatz kam war eine Gruppenarbeit unter TinyOS dann zu 70% Bestandteil der Gesamtnote.

Die hier diskutierte “Leistung” der verantwortlichen Professorin beschränkt sich darauf, sich auszudenken das der Lehrstuhl da was Bluetooth macht – ist ja auch Funk.
http://www.telemed-initiative.de/konferenzen/5-fachkonferenz/dokumente-5-landeskonferenz/vortrag-schnor

Die hier diskutierte “Leistung” des eigentlich dafür zuständigen Doktoranden bzw. der angeblichen Lehrkraft für ZigBee (Kapitelübersichten 1:1 aus der Spezifikation kopiert) und TinyOS (alte Folien einer Seminararbeit mit ein paar Fehlern versehen) beschränkte sich auf Behauptungen, dass das ja irgendwie zusammenpassen muss.

Die Hardware des Lehrstuhls mit den Nicht-Bluetooth-Sensorknoten befindet sich unter http://www.cs.uni-potsdam.de/bs/labs/sensor.html . Die Sub 1 GHz ZigBee Sticks zur Kommunikation mit den Nicht-ZigBee-Sensorknoten vom Typ Mica2 gibt’s dort auch (immer) noch.

Auffallen durfte mir das Plagiat. Ich kam im nächsten Semester dazu. Nun hieß es “Erweiterung der Sensornetzwerkkommunikation um weitere Funktionalitäten”. Blöd nur, dass zum Erweitern nichts vorhanden war und man sich über Wochen nicht einmal in der Lage sah festzustellen, ob nun TinyOS 1.x, 2.x oder Moteworks (und welche Version dem zugrunde liegt) verwendet wird, also was man da eigentlich bewertet hatte. Der Student wird das schon irgendwann noch in die Versionskontrolle einchecken…

Viel Zeit sich darüber zu wundern, warum nichts außer allgemeinem Sensornetzwerk blabla und einer kleinen “wird”/”soll” Zukunftsvision in der Dokumentation zu finden war. Darüber zu wundern, warum ständig was anders erzählt als kopiert wurde.


Mario
9.5.2012 9:02
Kommentarlink

@Erbloggtes: STOP! Jetzt reicht es bitte! Sie verdrehen mir auf unzulässige Weise meine Worte im Mund. Das ist stillos und ich verbitte es mir bei allem nötigen Respekt.

Von “wertfreier Wissenschaft” habe ich nicht geschrieben. Ich schrieb von wertfreien (also im Wesentlichen) Bewertungskriterien. Das es hier in der Findung Probleme geben kann, ist ein berechtigter Einwand von “Guy Incognito”. Sie verbinden meine Worte jedoch zu etwas, was Sie gerne lesen würden, was dort aber nicht steht: Thema verfehlt.

Sie mögen Recht haben, Professoren waren nicht immer Beamte, und möglichwerweise wird sich das zukünftig wieder ändern. Damit weichen Sie aber aus, denn ZUR ZEIT – und zwar nicht erst seit Gründung der Bundesrepublik – SIND Professoren nunmal Beamte. Und damit bekleidet jeder ordentliche Professor ein öffentliches Amt – ob er will oder nicht (und ob das sinnvoll ist oder nicht). An solche Ämter sind von Gesetzes wegen aber harte Kriterien gebunden, dazu gehören auch Befähigung und Leistung. Dass Sie das wundert oder dass Sie versuchen, mir daraus einen Vorwurf zu drehen, zeigt, dass Sie genau die gleiche Position wie jene Professoren vertreten, die meinen, Beamter zu sein bedeute, hin und wieder im Dienstzimmer erscheinen zu müssen, nicht streiken zu dürfen und ansonsten aber ohne jede Verpflichtung tun und lassen zu dürfen, was man will.

Was sie fordern halte ich für hanebüchen: Wissenschaftler sollen irgendetwas tun dürfen und bewertet werden darf das Ergebnis nur durch andere Wissenschaftler. Sie fordern im Kern, dass die Wissenschaft äußerer Kritik entzogen werden müsse. Schlimmer noch, Sie fordern außerdem, dass Begriffe wie Leistung und Befähigung, an denen sich jeder andere Arbeitnehmer tagtäglich messen lassen muss, um seine Stelle zu behalten oder befördert zu werden, auf Wissenschaftler keine Anwendung mehr finden dürfe.

Ich unterstütze daher ab sofort ganz polemisch Ihre Position und schlage vor, wir benennen Universitäten in Waldorf-Hochschule um und tanzen zukünftig unsere Forschungsergebnisse vor.


Stefan Weber
9.5.2012 10:26
Kommentarlink

Hallo,

zum Begriff selbst muss ich mein Copyright einfordern ;-). Von “Mickimaus-Forschung” habe ich schon 2005 gesprochen, siehe:
http://www.unihelp.cc/news.php?extend.463

Eigentlich muss man eh sagen, das hat die Micki Maus nicht verdient, mit solchen Dingen in einen Topf geworfen zu werden. Vielleicht gibt es einen besseren Begriff?


Milo
9.5.2012 11:07
Kommentarlink

Ich wollte Sie schon ins Spiel bringen, Herr Weber, denn ich erinnere mich an Ihre Prägung des Etikettes “Mikey-Mouse-Forschung”. Und ich fand dieses Etikett passend für viele Beispiele.

Und zum Thema allgemein: Der Herr Präsident macht es sich zu einfach. Er hat recht, wenn er anspruchsvolle Forschungsprobleme als Dissertationsthema fordert. Er hat unrecht, wenn er behauptet, nur nebenberufliche Promotionen würden auf minderen Niveau geschrieben. Auch in der Universität entsteht sehr viel seichtes und überflüssiges. Das geht los mit der Vielschreiberei vieler Professoren, die letztlich sich nur noch selbst zitieren. Das geht weiter mit relativ anspruchslosen Forschungsarbeiten, die im Dienste der Drittmitteleinwerbung pragmatisch auf das Nötigste reduziert werden. Es ist nicht so einfach, wie der Uni-Präsident sich das vorstellt. Die ganze Forschungsorganisation müsste mal kritisch geprüft werden auf ihre Hürden, die sie errichtet. Gerade das Prinzip publish or perish ist ein Grund für die zunehmende Geistlosigkeit von Forschung. Wer wagt sich angesichts dieses Drucks noch in ein echtes wissenschaftliches Abenteuer mit ungewissem Ausgang?


Hadmut Danisch
9.5.2012 11:30
Kommentarlink

Meines Erachtens haben Leute, die nichts auf dem Kasten haben und nur seicht daherlabern, an den Universitäten eine drastisch höhere Überlebenschance als in der Industrie. Was per se dagegen spricht, daß an den Unis bessere Dissertationen geschrieben werden.


Boris Blanck
10.5.2012 11:03
Kommentarlink

Also an den Unis werden definitiv keine besseren Dissertationen verfasst als außerhalb. Letztendlich hängt es doch davon wieviel Zeit und Aufwand seitens des Doktoranden und des Betreuers in die Arbeit investiert werden.

Insbesondere im MINT Bereich gibt es zahlreiche Beispiele für exzellente Forschung außerhalb der Universitäten. Sowohl aus gemeinnützigen Einrichtungen wie Fraunhofer, Helmholtz oder DLR als auch aus Industrieunternehmen kenne ich hervorragende F&E Ergebnisse die nach meiner Einschätzung auch tatsächlich promotionswürdig sind.

Im Gegensatz dazu findet man an den Unis neben sehr viel Schall und Rauch überproportional sehr viel alten Wein in neuen Schläuchen. Ein Beispiel war vor ca zwei Jahren die Dissertation eines ehemaligen Kollegen. Da ich vor ca 16 Jahren als Diplomand an dem gleichen Thema arbeitete kannte ich mich in dem Bereich noch etwas aus. Auch nach näherer Betrachtung vermochte ich keine nennenswerten Neuerungen erkennen, die über den Umfang einer Diplomarbeit hinausgereicht hätten.

Letztendlich ist es doch so, dass häufig an den Unis die Doktoranden derart in Lehre und Projektarbeit eingebunden sind, dass die eigene Forschungsarbeit zum reinen Freizeit-vergnügen wird – ein Faktum, welches der Herr Günther den externen “Micky-Maus” Doktoranden unterstellt.
Nach 6 spätestens 7 Jahren sind dann an den Unis die Möglichkeiten zur Befristung ausgeschöpft, so dass am Ende häufig noch schnell irgendwas zusammengetextet wird, was äußerlich zwar nach Forschungsarbeit aussieht – aber inhaltlich eigentlich schon längst überholt ist.

Ich sehe auch keinen Sinn in dem ausschweifenden Einsatz von Plagiatssoftware. Soll dadurch etwa eine qualitativ angemessen Betreuung ersetzt werden? Natürlich ist das für die Professoren die allerbequemste Lösung. Da die Arbeiten heutzutage ohnehin elektronisch verfasst werden kann man auch gleich mal die Plagiatssoftware drüber laufen lassen und hebt dann ggfs den Zeigefinger. Toll! – Durch die Zeitersparnis kann man dann gleich noch mehr Doktoranden als früher verbraten.

Die einzige wirklich sinnvolle Lösung ist eine Änderung der Promotionsrechte und Verfahren, welche das gegenwärtige Gnadenrecht in eine vertragliche Regelung mit einklagbaren Rechten und Pflichten von Doktorand und Betreuer überführt.

Derartige Reformen scheuen die deutschen Professoren aber wie der Teufel das Weihwasser und werden dementsprechend massivst boykottiert.


Erbloggtes
12.5.2012 14:28
Kommentarlink

Danke, Boris Blanck. Der Stellenwert des Promovierens ist beim Promovieren in der Tat, ähm, gering. Wenn der Betreuer sich für Lehre und Projektarbeit des Doktoranden mehr interessiert als für die Dissertation, dann sagt das schon einiges aus.