Münchner Mathe-Fakultät kündigt Elsevier komplett
Ist doch mal was positives, endlich kommt mal Bewegung rein.
9 Kommentare (RSS-Feed)
Braucht man dafür wirklich die großen Unis? Es würde doch genügen, die eingesparten Bibliotheksmittel für die Entwicklung einer solchen Plattform zu verwenden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das unmöglich ist. Geld wird für allerlei sinnloses ausgegeben. Hier gäbe es echte Einsparpotenziale. Und die Politik tut doch stets so, als sei Sparen das Nonplusultra.
Das Problem ist nicht das Geld oder die Technik, sondern der Habitus und die Reputation.
Wie seriös ist eine Onlineplatform im Vergleich zu etwas Gedrucktem?
Wie seriös ist eine Onlineplatform, bei der vielleicht zwei Unis mitmachen, die in keinem Ranking einen einstelligen Platz haben?
Wie hoch ist die Bedeutung einer Onlineplatform, die von 2-3 Unis getragen wird, die keiner kennt?
Wenn man bei sowas die beiden großen Münchener Unis und ein paar andere “hoch angesehene” im Boot hat, dann wird man das ernster nehmen. Mit ein wenig Glück ernst genug um ein paar madigen Journalen die Existenzgrundlage zu entziehen.
Prinzipiell begrüße ich das ja, aber ich weiß nicht was das bringen soll. Wenn ein Artikel nicht verfügbar ist, man ihn aber braucht besorgt man ihn sich entweder über Fernleihe oder man hofft, das irgendein Buddy an einer anderen Uni Zugang zum Journal hat und bittet ihn, den Artikel downzuloaden und einem zu schicken. Oder man fragt direkt beim Autor nach.
Das mag vllt ein “Zeichen” setzen, aber damit wird halt in den seltensten Fällen das Problem gelöst. Auch das Leute nicht mehr für Elsevier-Journals reviewen ist auch nur ein stumpfes Schwert: dann machts halt ein anderer.
Der Punkt, wo man ansetzen müsste wäre beim Editorial Board der Journals. Prinzipiell entscheidet ja der Editor ob etwas publiziert wird oder nicht. Die sind doch die einzigen, die Druck ausüben können. Theoretisch kann ja, wenn die die Arbeit einstellen, gar nichts mehr publiziert werden.
Allerdings bezweifle ich, dass sowas je passieren wird, weil (1) Editor sein eine ziemliche Machtposition darstellt (und Macht finden die meisten Leute ziemlich gut, v.a. wenn es mit relativ wenig Verantwortung gekoppelt ist) und (2) sich das halt auch sehr gut im CV macht.
Deswegen mag die einzige Möglichkeit sein, den Laden von unten aufzuräumen, also nicht mehr bei Elsevier zu publizieren. De facto ist das aber fast unmöglich, da Elsevier halt sehr viele Journals verlegt und man halt, mehr oder weniger, dort publizieren “muss”, zumindest wenn man gerne im universitären Wissenschaftsbereich bleiben möchte.
Eine weitere Möglichkeit wäre natürlich, eine alternative, selbstverwaltete Infrastruktur zur Verfügung zu stellen (was Hanz angesprochen hat) und die Journals dorthin umzusiedeln. Allerdings bin ich mir nicht sicher ob sowas so ohne weiteres geht, ohne ein neues Journal zu gründen. Das würde dann einen entsprechend niedrigen Impact-Factor haben und, falls Karrieren vom Impact-Factor abhängen (was sie ja tun), würde dann dort keiner publizieren, was auch nachvollziehbar ist.
Ich bin da ziemlich pessimistisch das sich da irgendwas ändern wird. Das ist der zyklische Elsevier-Riot, der dann irgendwann wieder im Sand verläuft.
@Hanz: “Das Problem ist nicht das Geld oder die Technik, sondern der Habitus und die Reputation.” –> Besser lässt es sich nicht ausdrücken.
Die Leute, deren Reputationsgrundlage auf dem System beruht werden daran nichts ändern. Und die Leute, die (noch) keine haben aber eine brauchen passen sich halt an. Es geht ja auch nicht anders. Deswegen wird sich daran auch nichts ändern. Dieses System funktioniert ja nicht weil es so gut ist (die meisten Forscher die ich kenne finden das System scheiße), sondern weil es, durch die Abhängigkeiten, so gut funktioniert.
“Deswegen mag die einzige Möglichkeit sein, den Laden von unten aufzuräumen, also nicht mehr bei Elsevier zu publizieren. De facto ist das aber fast unmöglich, da Elsevier halt sehr viele Journals verlegt und man halt, mehr oder weniger, dort publizieren “muss”, zumindest wenn man gerne im universitären Wissenschaftsbereich bleiben möchte.”
Das bestreite ich. Beispiele wie PloS Biology (Impact Factor 14,1) und PLoS Medicine (Impact Factor 13,8) beweisen das Gegenteil.
Dagegen kann lediglich eine Handvoll Elsevier-Magazine wie Cell und Lancet (und ein paar ihrer Schwestermagazine) anstinken. Der überwiegende Rest ist weit darunter – das typische Elsevier-Magazin liegt irgendwo bei 4 bis 5.
Vielleicht bin ich hoffnungslos optimistisch. Aber ich vermute mal, dass online veröffentlichte Papers recht schnell Eingang in weitere Publikationen finden würden. Sie sind schnell auffindbar und verfügbar. Es macht keine Umstände und wenig Kosten, die Dinger abzurufen. Sie werden darum auch mehr gelesen und verwendet und ruckzuck dürfte so ein Onlinejournal einen hohen Citationswert erhalten.
Ich stimme Hans Moser zu: Vielleicht sollten Leute mit großer Reputation so einem Projekt ihren Namen leihen, allein, um die Arbeiten etwas zu “heiligen”. So könnte es aber werden.
Das System ist insgesamt Unsinn. Die Uni bezahlt mich für ein Buch. Ich bezahle privat, damit das Buch gedruckt werden kann. Die Uni bezahlt anschließend die von ihr längst bezahlte Arbeit noch einmal, um sie als Buch in der Bibliothek haben zu dürfen. Und wir brüsten uns als West-Europa, der Hort von Effizienz und Rationalität zu sein?
Lieber Milo,
Sie diskutieren krass am Thema vorbei. Ich möchte Sie damit nicht beleidigen, Folgendes trotzdem zu Ihrer Aufklärung:
1. Im Beitrag weiter oben wird auf die PLoS-Magazine verwiesen – das SIND online veröffentlichte Papers. Aber eben OPEN ACCESS Magazine – was bedeutet: Kostet den Leser keinen Cent. Der Zugang dazu ist gratis.
2. Heutzutage werden sehr viele (wohl fast alle?) Papers online veröffentlicht. Nature, Science, Cell, Lancet – egal, die können Sie alle online lesen. Wenn Sie dafür bezahlen (und eben teils extrem viel).
3. Ihre Ansicht, das “online veröffentlichte Papers recht schnell Eingang in weitere Publikationen finden würden” ist, richtig: optimistisch. Bei PLoS hat das Jahre gedauert (was ich persönlich ohnehin “schnell” finde) – aber vom Impact Factor von Lancet ist PLoS Medicine eben doch noch ein gutes Stück entfernt (ich hoffe, ich muss nicht erklären, was ein “Impact Factor” ist?).
4. Dass “Leute mit großer Reputation so einem Projekt ihren Namen leihen” ist ebenfalls bereits Realität (etwa der Träger der Fields-Medaille, Timothy Gowers, ist ein Verfechter von Open Access und dazu ein erbitterter Elsevier-Kritiker).
5. Ihre Kritik, das derzeitige System sei Unsinn, kann ich nachvollziehen. Es liegt auch an Ihnen, dies zu ändern: Publizieren Sie nicht in Elsevier-Journalen, sondern z.B. in PLoS- und ähnlichen Open-Acceess-Magazinen.
@Naja
danke für die Klarstellungen!
Sauber!
Wenn sich mal eine Hand voll großer Unis an einen Tisch setzen würden könnte man ohne Weiteres eine taugliche Onlineplatform für sowas zimmern, die vermutlich sehr schnell Akzeptanz finden würde.
Ach, Wunschträume…