Korruptionsnetzwerk DFG
Die DFG hat heute gerade eben ihren Förder-Atlas 2012 vorgestellt.
Interessant ist, daß man an der Uni Rostock Vortragsfolien findet, in denen schon vorab wesentliche Teile daraus vorveröffentlicht wurden. Darin heißt es auf Seite 5:
- Zwei von drei Prof. an dt. Universitäten reichen in fünf Jahren mindestens einen Antrag bei der DFG ein.
- Fast jede(r) zweite Prof. unterstützt die DFG im selben Zeitraum als Gutachter/-in
Das heißt, daß es zu einer erheblichen Überschneidung zwischen Antragstellern und Gutachtern und damit unausweichlich zu einem Korruptions- und Gegenseitigkeitssumpf kommt. Das kann nur dazu führen, daß die Sitten völlig vergammeln. Vergleichbare Organisationen in anderen Ländern haben externe oder klar beauftragte, bezahlte Gutachter. In Deutschland schmort man im eigenen Saft und – wie in Deutschlands Forschungslandschaft so üblich – lobt sich einfach selbst und gegenseitig. Und die Bundesregierung schüttet die Milliarden darüber aus.
10 Kommentare (RSS-Feed)
Die empirische Betrachtung zeigt aber, daß bei dem deutschen System fast nur Korruption produziert wird.
Also von befreundeten und bekannten EU-Gutachtern weiß ich dass die eine Erklärung unterschreiben müssen, wonach kein Interessenskonflikt mit eigenen Anträgen im jew. call besteht.
Inwieweit solche Erklärungen wirksam oder relevant sind lässt sich schwer abschätzen. Immerhin war es aber so das eben diese Leute sich an vergangene EU-Anträge nicht beteiligen konnten, da sie sich bereits als Gutachter für die entsprechende Ausschreibung verpflichteten.
Letztendlich kommt es immer darauf an wie transparent und konsequent die entsprechenden Regeln umgesetzt werden. Ob ausländische Gutachter immer objektiver sind möchte ich bezweifeln. Je nach Größe der Community und jew. Vita kennt – und hilft – man sich auch auf internationaler Ebene.
Aus eigenen Erfahrungen habe ich aber bei BMBF und DFG den Eindruck dass man sich um Transparenz und Objektivität doch herzlich wenig schert. Dabei waren es vor allen mehr die Bewilligungen als die Ablehnung, die mich doch sehr an der Objektivität der Gutachter zweifeln ließen.
Und dass bei EU-Projekten hauptsächlich Bürokratie rauskommt, dürfte ja hinlänglich bekannt sein.
@anonym
Das bei EU-Projekten hauptsächlich Bürokratie rauskommt kann ich so nicht bestätigen – zumindest nicht in den IT Projekten in denen ich in den letzten 10 Jahren involviert war.
Der hohe Anteil von EU-Projekten bei meinen ehemaligen Fraunhofer-Kollegen spricht auch nicht dafür das sich alles einzig und allein nur um Bürokratie dreht. Zudem erwartet die EU für viele Projekte eine signifikante Industriebeteiligung. Da Industriepartner maximal eine 50% Förderung erhalten, werden die sich bedanken wenn am Ende alles nur Schall und Rauch wäre.
Aufgrund der mittlerweile deutlich strengeren und häufigeren Begutachtungen ist der Organisationsaufwand größer als bei nationalen Projekten. Dafür werden Management Aktivitäten aber auch zu 100% gefördert. Zudem erhält man frühzeitige und deutliche Rückmeldungen und kann bei Problemen häufig noch rechtzeitig gegensteuern.
Im Gegenzug habe ich einige DFG und BMBF Projekte erlebt, deren Ergebnisse z.T. auch nach mehr als fünf Jahren sich entweder auf dem Niveau von Jugend forscht befanden oder völlig an der Entwicklung des Marktes vorbeiliefen. Mit ein paar Diplomanden hätte man da evtl. die gleichen Resultate erzielt. Ein schönes Beispiel hierzu ist iViP http://www.ivip.de
Unbestritten gibt es auch EU Projekte, bei denen außer viel heißer Luft überwiegend Fördermittel verbrannt werden. Auch gibt es hinsichtlich Beantragung und Abwicklung sicherlich noch einiges zu Verbessern.
In Anbetracht von 27 Mitgliedsländern muss man allerdings anerkennen, dass sich die EU um deutlich mehr Transparenz und Unterstützung der Antragsteller bemüht als ich es je auf nationaler Ebene erlebt habe. Im Vergleich dazu sind BMBF und DFG eher elitär abgeschottete Klüngelvereine.
@Boris Blanck: Sie sprechen das Problem an: Unterschreiben kann man vieles, Papier ist geduldig. Ich möchte Ihnen in einem Punkt aber widersprechen: “Transparenz” ist ein inhaltsleeres Schlagwort, welches momentan in Mode zu sein scheint.
“Transparenz” wird vor allem von der Piratenpartei momentan überall eingefordert, was das genau zu bedeuten hat, das muss aber anscheinend noch auf Parteitagen genauer diskutiert und beschlossen werden. Andere Parteien und einzelne (auch parteilose) Personen plappern diesen Begriff zwar mittlerweile auch gerne nach, dadurch wird er aber auch nicht präziser…
Es kommt überhaupt nicht darauf an, wie “transparent” oder “konsequent” irgendwelche von irgendwem aufgestellten Regeln umgesetzt werden. Vielmehr kommt es darauf an, ob ein Verstoß gegen die Regeln von strafrechtlicher (zivilrechtlicher und/oder verwaltungsrechtlicher) Relevanz ist und verfolgt und geahndet wird (bzw. ob sich aus einem Verstoß Konseqenzen ergeben). Gerade dies ist nämlich derzeit überwiegend nicht der Fall.
Man schert sich bei der DFG wenig um “Transparenz” und “Objektivität”, weil kein Verstoß gegen irgendeine der von diesem Verein intern aufgestellten “Regeln” wirkliche rechtliche Folgen hat. “Objektivität” kann dieser Verein nicht bieten, denn er vertritt zunächst einmal (und das soll keine Wertung implizieren) seine eigenen Interessen. Man ersetze DFG durch BMBF und das gesagte gilt sinngemäß weitestgehend immer noch – nur die rechtlichen Rahmenbedingungen sind enger zu fassen und “eigene” Interessen sind politische Interessen (die sich von Wahl zu Wahl drastisch ändern können).
@ M Hausen
Da beißt sich die Katze ein wenig in den Schwanz.
Die Vorstellung, dass die Einhaltung von Regeln vor allem mit strafrechtlichen Konsequenzen erreichbar ist kenne ich von politischen Hardlinern, die weder Ahnung von der Dynamik sozialer Systeme noch von Strafrecht haben.
Auch logisch ist das ein verquerer Ansatz: Wenn sich alle an die Regeln halten, sie also “konsequent und transparent umgesetzt werden”, spielt das Strafrecht keine Rolle, weil es keinen Straftatbestand gibt.
Wenn sich keiner an die Regeln hält spielt es auch keine Rolle, ob es dafür drakonische Strafen gibt und regelmäßig eine Hand voll Leute verknackt wird.
Das grundsätzliche Problem der Strafjustiz ist das Handeln a posteriori. Abschreckung funktioniert so richtig gut auch nur beim Postulieren am Stammtisch. Auch in der Praxis geht es nur, wenn überhaupt hinreichende Möglichkeiten zum Nachweis des eigentlichen Tatbestandes bestehen.
Das Problem sehe ich hier eher darin, dass es schon gar kein richtiges Unrechtsbewusstsein gibt. Und genau wenn das fehlt, hilft Abschreckung eben so gut wie nicht.
@Hanz Moser: Nur, weil ich von “Strafe” schreibe, müssen Sie mir nicht unterstellen, ich hätte “drakonische Strafen” gefordert! Das ist unterste Schublade der Rabulistik – um es mit Ihren Worten zu sagen: Diskutieren Sie bitte sachlich und nicht mit Stammtischparolen.
Die Annahme, wenn alle sich an die Regeln halten würden, bräuchte man diese Regeln nicht, ist Unsinn! Im Gegenteil: Regeln, deren Nichteinhaltung keine (wie auch immer geartete) Sanktion nach sich zieht, brauchen gar nicht erst aufgestellt zu werden.
Regeln werden sinnvollerweise dann und nur dann aufgestellt, wenn man davon ausgeht (ausgehen muss), dass es Personen gibt, die sich nicht so verhalten werden, wie erwünscht. Und wenn man die “Dynamik sozialer Systeme” (ein Begriff, den ich für unsinniges pseudowissenschaftliches Geschwätz halte) versteht, ist ganz klar, dass dort, wo (Förder-) Gelder erhältlich sind, Personen sind, die zu ihrem eigenen Vorteil von vornherein nicht vorhaben, sich an die Regeln des Förderers/Geldgebers zu halten.
Die Gutachter der DFG wollen selber für eigene Projekte Fördermittel, die aber nur begrenzt vorhanden sind. Sie unterschreiben lustige Papiere, in denen sie versichern, es werde schon keine Interessenkonflikte mit eigenen Projekten geben. Diese Konflikte kann man dann aber oft sehr wohl aufdecken, wenn man die wechselseitigen Zitate diverser Wissenschaftler in ihren zahlreichen Publikationen genauer betrachtet und zurückverfolgt. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz: Die von der DFG (und anderen) aufgestellten Regeln sind kaum wirksam, da leicht zu umgehen und Verstöße haben fast keine Konsequenzen. Hier, Herr Moser, beißt sich die Katze in den Schwanz.
@ M Hausen
Der Teil in dem “drakonische Strafen” steht ist leidglich eine Erweiterung dahingehend, dass auch das nichts nutzt. Dass Sie das gefordert hätten wollte ich damit nicht unterstellen.
Meine Annahme ist auch nicht, dass wenn sich alle an Regeln halten, dann die Regeln obsolet sind, sondern die Strafe. Man kann sich jetzt natürlich über den Regelbegriff streiten, aber es gibt durchaus Fälle in denen man sinnvollerweise Regeln aufstellt ohne damit zu rechnen oder rechnen zu müssen, dass sich jemand nicht daran hält.
Ich sehe das Problem hier nicht darin, dass es keine Regeln gibt, sondern darin, dass sie als solche gar nicht wahr- und ernst genommen werden. Ich glaube die unterschreiben das Klopapier wirklich in gutem Glauben und nicht im schlechten Gewissen etwas Falsches zu tun.
Und deshalb glaube ich auch, dass Strafrecht da nichts hilft, andere Formen der Bestrafung auch nicht. Da wird mangels Einsicht in die Richtigkeit nur möglichst weitgehend versucht werden, das zu verschleiern, aber kaum einer wird es lassen, weil sie sich im Recht fühlen. Wenn da einer auf die Finger bekommen wird es keiner verstehen und der Rest wird weitermachen.
“Andere Formen der Bestrafung [helfen] auch nicht” – Da widerspreche ich Ihnen: Ausschluss von weiteren Förderungen und schon ist eine lukrative Geldquelle versiegt…
Sie haben eine Sicht, die ich (ohne es als persönlichen Angriff auf Sie verstanden wissen zu wollen) als ‘romantisch-naiv’ bezeichnen möchte.
Selbstverständlich wissen die Gutachter, was sie da unterschreiben.
Selbstverständlich wissen die Gutachter, wie das System DFG funktioniert.
Also wissen sie, wie sie trotz möglichem Interessenkonflikt dennoch an Gelder für ihre eigenen Projekte kommen. Man müsste in solchen Fällen einfach nur konsequent den Geldhahn zudrehen und diese querschlagenden Gutachter rauswerfen (auch wenn das nun wirklich eine starke Vereinfachung meinerseits darstellt). Das Problem dabei ist nur: Die DFG bleibt auf ihren Geldern sitzen und die betroffenen Gutachter (meistens Professoren) halten sich von der DFG fern. Durch konsequente Korruptionsbekämpfung (meinetwegen nennen wir es im Sinne von Boris Blanck “Transparenz”) – wobei Korruption hier in einem sehr weit gefassten Rahmen zu sehen ist und nicht nur in dem, was bereits heute durch das Strafrecht erfasst ist – würde die DFG sich ihren eigenen Ast absägen. Das System ist von vornherein vermurkst.
Bei dem, was Du ueber andere Laender sagst, muss ich wiedersprechen:
Auch hier in Grossbritannien (z.B. EPSRC) stellen auch die Leute, die im Panel sitzen (also Gutachter, unbezahlt), Antraege an die Organisation. Bei Veroffentlichungen ist es uebrigens weltweit das gleiche Prinzip. Das mit dem “im eigenen Saft schmoren” mag zwar fuer mache gut klingen, ist aber polemischer Unsinn. Leider gibt es keine goettliche Instanz, die man dafur einspannen kann.
Auslaendische Gutachter werden zwar gerne eingesetzt, aber das hat Nachteile (soweit ich das verstanden hab): Diese Leute einzuspannen, ohne dass sie am System teilhaben koennen, erfordert einigen Idealismus von ihnen, den viele aber trotz extremer Belastung aufbringen. Was die Motivation zusaetzlich verringer mag, ist die Tatsache, das man einer (auslandischen) Institution verhilft, die besten Leute auszuwaehlen, waehrend man eigentlich lieber sein eigenes Land an der Spitze sehen wuerde. Den Leuten saemtliche Objektivitaet abzusprechen finde ich unangebracht.
Was hier als Neuigkeit dargestellt wird, ist jedem der da mitmacht doch bewusst und wird durch Regularien kontrolliert.
Und das mit dem selber loben: Hort Euch mal an, wie das hier in UK funktioniert, da sind die Deutschen bescheiden dagegen.