Forschungsmafia: Titelhandel · Forschungsbetrug · Wissenschaftskorruption · Hochschulkriminalität

Wissenschaftsrat rügt zu gute Noten

Hadmut Danisch
10.11.2012 12:43

Siehe SPIEGEL, Süddeutsche und nochmal Süddeutsche.

Zeigt sehr schön, dass unser Universitätswesen nicht funktioniert, weil die Prüfer kein Interesse an ernsthaften Prüfungen haben und zweitens ihre eigenen Interessen als Lehrstuhl oder Uni gut und attraktiv dazustehen und die eigenen Absolventen netzwerkbildend unterzubringen mit den Pflichten des Prüfers kollidieren. Eine Folge des Missstandes, dass Lehrer und Betreuer auch die Prüfer sind. Was man in anderen Zweigen wegen eben diesen Qualitätsproblemen ablehnt, nämlich dass der, der macht, auch selbst prüft, ob es gut war, ist an den Universitäten qualitätserwürgender Standard.

Zeigt aber auch die schiere Inkompetenz deutscher Universitätsprüfer. Es gibt kaum Professoren, die verstanden haben, was sie da tun, wenn sie prüfen.

Die Verstrickung mit den eigenen Interessen sieht man auch sehr gut daran, wie sich diese Notentendenz ändert. In den frühen Semestern nämlich, wenn Professoren noch Vorteile daraus ziehen, möglichst viele Studenten wieder loszuwerden, produzieren viele da Durchfallquoten von 80-98%. Geht’s aber auf das Studienende zu und schwenken die Interessen um, geht es um die Abschlussnoten, auf die jeder schaut, dann gibt es auf einmal Kuschelnoten. Bezeichnend.

Ein anderes Problem ist, dass es eine von den Verfehlungen ist, bei denen es gefühlt keine Opfer gibt, denn lieber zu gut als zu schlecht benotet, denkt man. Jemandem aber eine zu gute Note zu geben ist Betrug an dem, dem er im Wettbewerb die Stelle wegnimmt. Nur den sieht man ja nicht, der ist abstrakt.

Zeigt aber wieder mal die tiefsitzende Unfähigkeit, den Universitätsbetrieb durchzuführen.

4 Kommentare (RSS-Feed)

Daniel
12.11.2012 12:33
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Wenn ein Prof aber wiederum weiß, dass alle anderen Profs “Kuschelnoten” geben, benachteiligt er seine eigene Studenten vorsätzlich, wenn er ihnen keine Kuschelnoten gibt. So ist das Dilemma erst vollständig.

Ein Lösungsvorschlag kann nicht evolutiv beim Einzelnen ansetzen, sondern müsste das System revolutionär verändern.


jemand
13.11.2012 1:30
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Die Benotungspraxis spricht sich unter den Stundenten auch herum. Das führt dann dazu, dass sich Stundenten lieber den Kuschelnotenvergebern zuwenden. Insb. bei der Diplomarbeit. Ein “guter” Prof (wenn man inhaltlich sinnvolles Arbeiten mit keine-Kuschelnotenvergabe in Überdeckung bringt) entzieht sich damit mMn insb. die Spitzenstudenten, weil die keine Lust haben, schlechter als 0815-Flaschen bewertet zu werden, obwohl sie genau wissen, dass sie besser sind. Und bei welchem Prof man war, ist später eh irrelevant.


lars
13.11.2012 6:45
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@ jemand:
Gerade den guten Studenten ist es relativ egal wo sie ihre Abschlussarbeit machen und wählen idR ein Thema dass ihnen zusagt oder sie vor neue Herausforderungen stellt. Meist liegen die Herausforderungen nicht unbedingt bei den Kuschelnotenvergebern.

Bei uns meinte mal ein Prof etwas verbittert dass es an der LMU bei der Doktorantenprüfung nur zwei Noten gäbe: weiß er nichts bekommt der Kandidat ‘ne 2, sonst 1.


jemand
13.11.2012 20:07
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@lars:
Als guter Student kann man sich sein Thema selbst zusammenstellen – besonders bei Kuschelnotenvergebern ist das einfach*. Auch Herausforderungen können da angegangen werden.

* natürlich gibt es immer ein paar Einschränkung hinsichtlich des jeweiligen Lehrstuhlgebietes, aber die nicht-Kuschler sind ja idR in der Minderheit, so dass man schon was passendes findet.